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Von Juli 2013 bis Mai 2014 hat die PR-Expertin Francesca Immacolata Chaouqui im Vatikan gearbeitet.

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Plötzlich prangte ihr Bild auf den Titelseiten der italienischen Tageszeitungen: Francesca Immacolata Chaouqui, 33 Jahre alt, schwarze Haare, dunkle Augen. Von Juli 2013 bis Mai 2014 hatte die PR-Expertin im Vatikan gearbeitet: Sie war Mitarbeiterin der von Papst Franziskus eingerichteten Kommission zur Durchleuchtung der Vatikan-Finanzen (Cosea) – und hatte damit Zugang zu den brisantesten Informationen, die im Kirchenstaat überhaupt erhältlich sind.

Die Anhängerin der geheimnisumwitterten erzkonservativen Laienorganisation Opus Dei war am Wochenende im Vatikan festgenommen und nach einer Nacht – wegen fehlender Fluchtgefahr und Kooperation mit der Justiz – wieder auf freien Fuß gesetzt worden. Laut dem vatikanischen Staatsanwalt hat sie zusammen mit dem spanischen Kurienprälaten Lucio Ángel Vallejo Balda (53) vertrauliche Dokumente der Cosea an zwei italienische Journalisten weitergereicht.

Seither rätselt ganz Rom, wie die in Kalabrien als Tochter eines Marokkaners und einer Italienerin geborene Chaouqui zu ihrem Posten in einer derart sensiblen Kommission wie der Cosea kommen konnte – ein weiteres Mysterium in dem an Geheimnissen ohnehin reichen Kirchenstaat. Sie war die einzige Frau und das weitaus jüngste Mitglied des Gremiums gewesen – und wohl das mitteilsamste: In Twitter-Botschaften plauderte sie umgehend aus dem Nähkästchen. Etwa dass der ehemalige vatikanische Staatssekretär Tarcisio Bertone "korrupt" sei. Chaouqui behauptete, ihr Twitter-Account sei gehackt worden.

Gleichzeitig machte sie Schlagzeilen mit freizügigen Fotos auf Facebook. Der US-Verein Go Topless lobte sie, weil sie die einzige Vatikan-Angestellte sei, die ihren nackten Oberkörper zeige. Das zweischneidige Kompliment hat ihr im Kirchenstaat aber nicht geschadet. Vielmehr knüpfte sie laufend neue Kontakte: Als Mitglied der Cosea verfügte sie sogar über einen Chip, der ihr Zugang zur Mensa des Pilgerheims Santa Marta gab, in dem bekanntlich der Papst wohnt. Sie sei dort, berichteten italienische Medien, "ein und aus gegangen".

Doch dann fiel sie zusammen mit Monsignore Vallejo Balda bei Franziskus in Ungnade. Der Prälat wurde bei der Besetzung eines Chefpostens im neugeschaffenen zentralen Wirtschaftsamt übergangen. Und für Chaouqui, die mit einem Informatiker verheiratet ist, gab es nach Auflösung der Cosea im Mai 2014 gar keinen Platz mehr im Kirchenstaat. (Dominik Straub, 3.11.2015)