Gibt es noch anderes Leben im Universum als auf der Erde? Was es bedeutet, einer solchen Frage wissenschaftlich nachzugehen, legt die Astrophysikerin Lisa Kaltenegger in ihrem ersten Buch vor. Als Leiterin des Carl-Sagan-Instituts an der Cornell University, das sich der Erforschung von bewohnbaren Planeten und Monden in und außerhalb des Sonnensystems widmet, ist die gebürtige Salzburgerin eine der weltweit führenden Expertinnen auf diesem Gebiet.
Gasplaneten, Eisgiganten, Heiße Jupiter, Mini-Neptune und Steppenwolf-Planeten: Es sind allerlei ungewöhnliche Planeten, die Astronomen in anderen Sonnensystemen finden, sogenannte Exoplaneten. "Die spannendsten Funde unter den entdeckten Exoplaneten sind für mich Felsplaneten", schreibt Kaltenegger. Auch unsere Erde ist so ein Felsplanet. In anderen Sonnensystemen finden sich jedoch Erden, die um einiges schwerer sind als unsere, die Wissenschafter nennen sie Supererden. "Die schwerste bis jetzt entdeckte Supererde ist 18-mal so schwer wie unsere Erde."
Seit der Entdeckung des ersten Exoplaneten 1995 haben die Wissenschafter fast 2000 solcher Planeten entdeckt, die um eine andere Sonne kreisen als unsere. Doch bisher blieb die Suche nach außerirdischem Leben erfolglos.
Kaltenegger gibt sich jedenfalls optimistisch: Schon die große Anzahl an potenziell bewohnbaren Planeten spreche dafür, dass wir nicht allein im Universum sind: "Wenn wir am Sternenhimmel nur fünf der tausend Sterne abzählen, dann wird im Mittel einer davon von einem potenziell lebensfreundlichen Planeten umkreist. Das heißt, es gibt irrsinnig viele potenziell lebensfreundliche Welten. Eine Milliarde allein in unserer Milchstraße!"
Kontakt zu Außerirdischen
Doch auf wie vielen potenziell lebensfreundlichen Planeten entwickelt sich auch tatsächlich Leben? "Diese Frage ist noch komplett offen." Selbst wenn es noch andere Zivilisationen im Universum gibt: Wie wollen sie mit uns Kontakt aufnehmen? "Radiosignale anderer Zivilisationen, am besten in Englisch, wären natürlich phänomenal", schreibt Kaltenegger – allerdings äußerst unwahrscheinlich: "Wir verwenden Radiosignale erst zirka 100 Jahre. Diese Zeitspanne ist minimal im Vergleich zu den Milliarden Jahren, die es auf der Erde schon Leben gibt." Und möglicherweise werden Radiosignale aufgrund des ständigen Fortschritts gar nicht mehr lang im Einsatz sein. "Wir nutzen jetzt schon viel stärker das Internet und andere Informationskanäle."
Warum uns von den Milliarden von Welten im Universum noch niemand besuchen gekommen ist, erklärte sich der Physiker Enrico Fermi vor mehr als 50 Jahren mit den enormen Distanzen und folglich langen Reisezeiten. Und genau dieser Umstand macht es auch für uns schwierig, bewohnbare Planeten zu bereisen. "Unser am weitesten gereistes Raumschiff ist der Satellit Voyager 1. Er hat als einziges von Menschen gefertigtes Objekt im August 2012 unser Sonnensystem verlassen. Trotzdem braucht er noch Tausende von Jahren allein zum nächsten Stern", schreibt Kaltenegger.
Wenn wir Planeten in anderen Sonnensystemen schon nicht besuchen können, lässt sich zumindest mithilfe der größten Teleskope mehr Licht von ihnen einfangen. Und das ermöglicht uns, sie zu erforschen, denn das Licht, das ein Planet reflektiert, enthält viele Informationen. "Die Reflexion ist sozusagen ein Fingerabdruck des Planeten. Dieser Licht-Fingerabdruck zeigt auch, ob es auf dem Planeten Leben geben kann." Wie man sich so einen Licht-Fingerabdruck vorstellen kann und wie er funktioniert, wird in einem der zahlreichen Comics im Buch anschaulich gemacht.
Viele Menschen interessieren sich für Astronomie, ihnen ist die Materie aber zu mathematisch: Das war für Kaltenegger Motivation, ein populärwissenschaftliches Buch zu schreiben. 2005 schloss sie ihr Astronomiestudium sub auspiciis an der Uni Graz ab. Forschungsaufenthalte führten die 38-Jährige an die Europäische Weltraumagentur ESA, das Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg und an die Harvard University.
Was Kaltenegger an der Erforschung von fernen Planeten fasziniert, sind nicht nur außerirdische Leben, sondern auch Rückschlüsse, die sich für die Erde ziehen lassen: "Je mehr wir über andere Planeten lernen, desto mehr lernen wir über unsere Erde und wie wir besser auf unseren kleinen, blauen Punkt im All aufpassen können." (Tanja Traxler, 4.11.2015)