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Ende nach acht Jahren: Eveline Widmer-Schlumpf.

Foto: Reuters / Ruben Sprich

Nach dem Rücktritt von Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf hofft die rechtskonservative Schweizerische Volkspartei (SVP) auf einen zusätzlichen Sitz in der Regierung – auf Kosten von Widmer-Schlumpfs Bürgerlich-Demokratischer Partei. Nachdem die BDP bei den Wahlen vor zwei Wochen schwach abgeschnitten hatte, zeichnete sich der Rücktritt von Widmer-Schlumpf rasch ab. Die liberale FDP und die SVP pochten beide darauf, die Mehrheit im siebenköpfigen Bundesrat zu übernehmen.

Das Parlament wählt den Bundesrat am 9. Dezember; als wahrscheinlichstes Szenario gilt derzeit, dass SVP, FDP und Sozialdemokraten (SP) je zwei Sitze und die christdemokratische CVP einen Sitz erhalten werden. Da die sechs Amtskollegen von Widmer-Schlumpf erneut kandidieren, konzentriert sich das Interesse darauf, wen die SVP ins Rennen schicken wird.

Entweder zu extrem oder unwillig

"Ist es ihr ernst mit dem Übernehmen von Verantwortung, müsste die SVP ihre besten Pferde in die Institutionen schicken, um diese von innen zu verändern", kommentierte die Zeitung "Schweiz am Sonntag". Doch diese besten Kräfte sind für ein Bundesratsamt entweder politisch zu extrem – wie etwa der "Weltwoche"-Verleger Roger Köppel –, oder sie wollen nicht – wie Parteichef Toni Brunner oder der populäre Ex-Nationalrat und erfolgreiche Unternehmer Peter Spuhler, Chef von Stadler Rail.

Der Bundesrat repräsentiert in der Schweiz traditionell nicht nur die wichtigsten Parteien; es wird auch eine minimale inhaltliche Übereinstimmung vorausgesetzt. Dies war bisher der Fall, dürfte aber mit einer stärkeren SVP-Vertretung schwieriger werden, denn deren Programm lässt sich nicht eins zu eins in Regierungspolitik umsetzen: Die anderen Parteien lehnen etwa eine scharfe Begrenzung der Zuwanderung ab, genauso wie die asylpolitische Forderung, das Schengen-Abkommen aufzukündigen. Die SVP steht damit vor der Frage, ob sie sich stärker in die Regierung einbindet oder ob sie weiterhin mehrheitlich Oppositionspolitik betreibt.

Finanz- und sozialpolitisch hingegen dürfte eine rechtsbürgerliche Regierungsmehrheit aus SVP und FDP wohl andere Akzente setzen als die bisherige Regierung mit einer stärkeren Mitte, in der Entscheidungen gelegentlich auch auf die linke Seite kippten.

Internationale Anerkennung

Die im Volk beliebte Widmer-Schlumpf hatte vergangene Woche ihren Rücktritt angekündigt, nach acht Jahren als Justiz- und Finanzministerin. Die Politikerin hatte sich auch international Anerkennung verschafft, weil sie Ernst machte mit dem Kampf gegen Steuerhinterziehung und neue Regeln des automatischen Informationsaustausches in Steuersachen einführte.

Zudem spielte sie eine führende Rolle bei der Rettung der Großbank UBS, die unter der Last fauler Hypothekarkredite in den USA zusammenzubrechen drohte. Der Fall UBS führte auch dazu, dass für die Schweizer Banken mittlerweile schärfere Eigenkapitalvorschriften gelten; auch hier war Widmer-Schlumpf federführend. (Klaus Bonanomi aus Bern, 3.11.2015)