Brüssel – Mit großer Mehrheit von 579 gegen 106 Stimmen hat das EU-Parlament Mittwoch in Straßburg eine von der EU-Kommission vorgelegte Richtlinie abgelehnt, die das Zulassungsverfahren für gentechnikveränderte Futtermittel (GMO) auf neue Füße hätte stellen sollen. Da die EU-Staaten in den Ministerräten in der Vergangenheit die Zulassung neuer Produkte meist verhinderten, und Verfahren oft über Jahre nicht abgeschlossen werden konnten, hatte der zuständige Kommissar Vytenis Andriukaitis vorgeschlagen, die Zulassung den Nationalstaaten zu überlassen.

Er folgte damit einer Linie, die schon für den Anbau von gentechnikveränderten Pflanzen gewählt wurde. Weil viele Staaten – darunter Österreich – auch den Anbau von GMO-Pflanzen grundsätzlich ablehnten, wurde ihnen per EU-Gesetz erlaubt, solche Organismen auf nationaler Ebene zu verbieten. Große Agrarstaaten wie Spanien oder Frankreich, Polen hingegen lassen gentechnikveränderte Lebensmittel und Futter produzieren, das in der Union verkauft werden darf, wenn entsprechend gekennzeichnet.

Die Mehrheit des Parlaments sieht die jüngste Ablehnung nach einem Vorschlag des Umweltausschusses dennoch gerechtfertigt. Die Rückkehr zur nationalen Regulierung würde dazu führen, dass Produkte in allen EU-Staaten im Binnenmarkt in Umlauf kämen, die nicht ausreichend kontrolliert und gekennzeichnet sind. Vom Kommissar wird einen neuen Vorschlag, der auf eine striktere genauere europäische Zulassung des Futtermittels hinausläuft.

Andriukaitis sprach von einer "paradoxen Situation". Die VP-Abgeordnete Elisabeth Köstinger räumte auch ein, dass Bauern in Staaten ohne GMO-Futtermittel (Soja, Mais) unter Druck kämen, weil sie bei Preisen nicht mithalten können.

Zugestimmt hat das Parlament dem vereinfachten Zulassungsverfahren bei neuartigen Lebensmitteln: aus Mikroorganismen, Pilzen, Algen oder Heuschrecken. (Thomas Mayer aus Straßburg, 29.10.2015)