Ein Sicherheitsexperte in einer äußerst unsicheren Region: Benicio del Toro in "A Perfect Day".


Foto: Polyfilm

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Wien – Eine aufgedunsene Leiche, zu schwer, um sie aus dem Brunnen zu ziehen, ist der erste Hinweis darauf, dass dies kein unbeschwerlicher Tag werden wird. A Perfect Day, der Titel von Fernando León de Aranoas Film, ist mithin ironisch zu verstehen. Andererseits sind die Tage für die internationalen Hilfskräfte, die das Personal dieser zwischen dramatischen und komischen Tönen changierenden Arbeit bilden, vermutlich alle ein wenig gleich. Die Kalamitäten lauern 1995 in der kriegsversehrten Balkanregion überall, ähnlich den Landminen.

Der Spanier de Aranoa, der 2002 mit der stimmigen Arbeitslosenkomödie Montags in der Sonne erfolgreich war, kennt die Region aus erster Hand. Für sein englischsprachiges Debüt hat er internationale Stars wie Benicio del Toro, Tim Robbins und Olga Kurylenko gewinnen können, die ihre jeweilige Persona glaubwürdig in ein Ensemble einbringen, in dem jede Figur ihre individuelle Macken und Schrullen pflegen darf.

Die meisten sind einfach schon etwas zu lang an einem Ort, an dem jeder Versuch, das Chaos zu bändigen, über kurz oder lang zum Scheitern verurteilt ist. De Aranoas Drehbuch, das einem Roman von Paula Faria folgt, findet eine gelungene Balance aus Irrwitz und wirklichem Leid, bleibt dabei jedoch einer losen, dem Absurden gegenüber aufgeschlossenen Erzählung verpflichtet.

Irrwege und Querelen

Mambrú (del Toro), ein Sicherheitsexperte, macht sich mit dem hartgesottenen Amerikaner B (Robbins) und dem Übersetzer Damir (Fedja Stukan) daran, ein neues Seil für den Toten aufzutreiben. Ein scheinbar simples Unterfangen, in Bosnien zu dieser Zeit jedoch kaum zu bewerkstelligen. Mürrische Einheimische bewirken Umwege auf ihrem Zickzackkurs, die russische Uno-Analystin Katya (Kurylenko) und Sophie (Mélanie Thierry), ein Neuling im Team, sorgen dafür, dass sich auch innerhalb des Trupps Launen breitmachen. Ein Bub, der unterwegs aufgelesen wird, steht stellvertretend für die Zivilbevölkerung und ihre Versehrungen.

Die leichte satirische Schräglage wie auch die episodische Erzählart erinnern ein wenig an die Filme des US-Regisseurs Robert Altman, in denen eine übergeordnete Situation auch gerne von mehreren Fronten behandelt wurde. Die Nachwirkungen des Krieges hallen in A Perfect Day umso stärker nach, als sie von den NGO-Arbeitern zwar wahrgenommen werden, sie jedoch kaum Möglichkeiten haben, darauf zu reagieren. Sie sind entweder immer schon zu spät, oder die bürokratischen Direktiven verhindern konkretes Eingreifen.

Im Mittelpunkt steht aber ohnehin der pragmatische, aber erfreulich unzynische Umgang der beiden Männer Mambrú und B mit ihrer frustrierenden Situation. Sie haben gelernt, das Praktische über das Ideelle zu stellen und lieber eine Nacht im Jeep zu verbringen, als das Risiko einer Minendetonation einzugehen. Robbins und del Toro bilden dahingehend eine gut eingespielte Einheit.

Die Frauenrollen legt de Aranoa hingegen etwas zu traditionell an. Wie zwei unerwünschte Gäste in einer Postkutsche neigen sie dazu, die Westernhelden bei ihrer Arbeit zu stören, da sie zu viel Gefühle investieren. Aber vermutlich muss man den Balkan ja so sehen: als Wilden Osten. (Dominik Kamalzadeh, 29.10.2015)