Der Brückenschlag in eine nachhaltigere Welt ist für Unternehmen eine Herausforderung, von der Anleger profitieren können.

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Wien – Gute Ergebnisse reichen heutzutage oft nicht mehr aus, um den Erfolg eines Unternehmens widerzuspiegeln. Auch nachhaltiges Agieren und die Übernahme von sozialer Verantwortung sind wichtige Faktoren geworden – zumindest für jene Anleger, für die diese Kriterien die Auswahl ihrer Investments mitbestimmen. CSR (Corporate Social Responsibility) und ESG (Environmental, Social and Governance) sind die Kürzel, die zusammenfassen, was nachhaltige Unternehmen heute ausmachen.

Wer nur auf solche Unternehmen setzt, braucht keinen Renditenachteil fürchten, wird oft betont. Im Gegenteil – immer wieder wird auch davon gesprochen, dass sich das soziale Engagement für die Unternehmen finanziell sogar lohnt und daher einen Mehrwert bringt. Eine Studie von Katja Rost, Professorin für Soziologie an der Uni Zürich, räumt nun aber mit der Tu-Gutes-Philosophie auf. CSR mache ein Unternehmen nicht erfolgreicher, heißt es in einem im Juni veröffentlichten Papier. Ein positiver Zusammenhang zwischen CSR und finanziellem Unternehmenserfolg sei demnach nicht gegeben. Dieser entstünde nur durch die einseitige Veröffentlichung von positiven Resultaten. Wie kommt Rost zu dieser Einschätzung?

Gemeinsam mit einem Kollegen hat die Soziologin 162 empirische CSR-Studien unter die Lupe genommen, die von 1975 bis heute durchgeführt worden sind. Anhand von 2600 Parametern wurde dabei der Effekt von CSR auf den Unternehmenserfolg überprüft. So sei der Nachweis gelungen, dass sich durch CSR die finanzielle Performance eines Unternehmens nicht verbessert. "Denn CSR bringt nicht nur Gewinn oder verbessert die Reputation, sondern erzeugt auch Kosten für das Unternehmen", erklärt Rost.

Überzeugung bleibt

Dass Betriebe mit gesellschaftlicher Verantwortung auch finanziell erfolgreicher sind, davon sei die Mehrheit der Forscher aber überzeugt. Diese geistige Grundhaltung führt laut Rost dazu, dass Untersuchungsergebnisse selektiv veröffentlicht oder so lange manipuliert werden, bis das gewünschte Resultat beobachtet wird. "Die selektive Veröffentlichung von Untersuchungsergebnissen verfälscht wissenschaftliche Resultate, führt zur Fehlinformation der Öffentlichkeit und kann etwa Auslöser für falsche positive Entscheidungen sein", fasst Rost zusammen.

Liegen nachhaltige Investoren daher nun falsch, wenn sie bei ihren Investments auch soziale oder gesellschaftliche Aktivitäten der Unternehmen berücksichtigen? "Nein", sagt Wolfgang Pinner, Head of Sustainable & Responsible Investments der Raiffeisen Capital Management. Auch wenn CSR keine Verbesserung des Unternehmenswertes oder der Performance bringe und nur neutral wäre, "sind durch Effekte auf der ökologischen und sozialen/gesellschaftlichen Ebene dennoch positive Zusatzergebnisse und somit eine Rechtfertigung für den Bereich gegeben".

Die Experten der Erste Asset Management sehen durch die Studie von Rost nachhaltige Investments jedenfalls nicht in ein schlechteres Licht gerückt. "Wir gehen weiterhin davon aus, dass nachhaltige Investments langfristig eine bessere Performance bringen werden, da diese frühzeitig Antworten auf eine Reihe globaler Megatrends liefern", sagt Dominik Benedikt, Senior ESG Analyst der Erste Asset Management. Vom Klimawandel über erneuerbare Energien, Ressourcenknappheit bis hin zum demografischen Wandel, die ein Umsatz- und Ertragswachstum in diesen Bereichen erwarten ließen.

Veränderung im Kleinen

Diese Effekte führten zwar nicht alle zwangsläufig zu einem sofortigen globalen Wandel, der sich in einer "fulminanten Outperformance" ausdrücke. "Nachhaltige Investments verändern die Welt eher noch im Kleinen, ziehen dafür aber immer weitere Kreise", hält Benedikt fest. Das spiegle sich auch im steigenden Interesse von institutionellen Anlegern – wie etwa Vorsorgekassen – an diesem Investmentansatz wider.

Das Heranziehen von nachhaltigen Kriterien schütze Kunden oft auch vor signifikanten Verlusten im Falle einer Krise. Als Beispiel dient etwa das halbstaatliche, brasilianische Mineralölunternehmen Petrobras, das aufgrund von Korruptionsproblemen massive Kursverluste hinnehmen musste, was auch den gesamten brasilianischen Markt aufgewühlt hatte. "Aufgrund der Nachhaltigkeitsanalysen konnten die Vorzeichen dieser Krise früh erkannt und somit Verluste vermieden werden", sagt Benedikt.

In Summe – so sind sich die Finanzexperten einig – bringt die nachhaltige/soziale Rendite einen vielschichtigen Mehrwert. Selbst wenn zu einem Zeitpunkt nur eine gleichwertige finanzielle Performance zu traditionellen Investments dargestellt werden könne, schafften solche Veranlagungen positiven Einfluss, indem etwa Menschenrechtsverstöße oder Kinderarbeit vermieden oder Verbesserungen in den sozialen und Umweltsystemen der Unternehmen angetrieben würden.

Thema verpflichtet

Studie hin oder her – am Thema CSR kommen die Unternehmen ohnehin nicht mehr vorbei. Denn eine EU-Richtlinie zwingt Unternehmen von öffentlichem Interesse (z. B. Banken, Versicherungen etc.) oder mit mehr als 500 Mitarbeitern ab spätestens 2016/2017 dazu, ihre Strategien, Risiken und Ergebnisse hinsichtlich Umwelt-, Sozial- und Arbeitnehmerbelange, Achtung der Menschenrechte, Bekämpfung von Korruption und Bestechung sowie Diversität in den Leitungs- und Kontrollorganen offenzulegen.

Im Bereich CSR gibt es derzeit viele unterschiedliche Ansätze – von einer CSR, die auch Unternehmensvorteile im Hintergrund sieht, bis zur rein altruistischen Form, sagt Pinner, weswegen Studien wie jene von Rost immer schwierig zu greifen seien. Bleibt zu hoffen, dass die Vorgaben der EU-Richtlinie so klar sind, dass die verschiedenen Berichte künftig einfacher vergleichbar sind. (Bettina Pfluger, 30.10.2015)