Wien – In der Südsteiermark sei schon wieder ein Supermarkt geplündert worden, stand in den sozialen Medien. Eine Polizistin sei Opfer einer brutalen Gruppenvergewaltigung durch fünf Männer geworden, stand in den sozialen Medien. Die Täter? Flüchtlinge, stand in den sozialen Medien.

Kein Supermarkt wurde geplündert, keine Polizistin vergewaltigt, sagt Fritz Grundnig von der Landespolizeidirektion Steiermark. "Das sind nur die beiden Fälle, denen wir heute Vormittag in den Bezirken Südoststeiermark und Leibnitz nachgegangen sind. Sie entbehrten wie so viele Gerüchte der letzten Tage jeglicher Grundlage", sagt Grundnig.

Täglich seien Beamte im Einsatz, um mutmaßliche Vorfälle dieser Art an der österreichisch-slowenischen Grenze zu untersuchen, doch bisher stimmte davon laut dem Polizeisprecher "nichts, absolut null". Wer solche Gerüchte erfindet oder sie als Fakten verbreitet – "weil man sie vom Onkel einer Tante gehört hat" -, solle bedenken, dass sie massiv Polizeiressourcen binden, sagt Grundnig mahnend. Tatsächlich habe es, seit sich der Flüchtlingsstrom an die Südgrenze verlagert hat, dort keine Anzeigen gegen Flüchtlinge gegeben.

"Nein, hat es nicht gegeben"

Auch als die Route im September noch primär über Ungarn in das Burgenland führte, sagte Landespolizeidirektor Hans Peter Doskozil im Standard-Interview: "Wir haben bemerkt, dass mit der steigenden Flüchtlingszahl, wegen der auch die Polizei intensiver unterwegs ist, genau der umgekehrte Effekt eingetreten ist: Die strafbaren Handlungen, vor allem Einbruchsdelikte, waren sehr stark rückläufig."

Die Polizei im nordostdeutschen Landkreis Vorpommern-Greifswald war zuletzt ebenfalls verstärkt mit Gerüchten über steigende Kriminalität durch die 2000 aufgenommenen Flüchtlinge konfrontiert – und trat von sich aus über Facebook an die Öffentlichkeit: "Nein, es hat seitdem nicht mehr Ladendiebstähle gegeben." Auch Wohnungseinbrüche, Fahrraddiebstähle, Messerstechereien und Vergewaltigungen seien nicht mehr geworden. Die Zahl der Delikte sei sogar gesunken, hieß es mehr als 33.000 "Likes" später in einem Folgeposting.

Solche Aussagen gefallen nicht jedem. Oft schwenken die Gerüchtestreuer dann um auf angebliche Nachrichtensperren der Polizei, die sich dadurch just mit "Sozialromantikern" und "Gutmenschen" verschwören würde. Auch Grundnig dementiert – eine Pressesperre, "das ist Blödsinn". (Michael Matzenberger, 28.10.2015)