Das tagelange Warten hat in Côte d'Ivoire ein Ende. Mittlerweile ist bestätigt, dass Amtsinhaber Alassane Ouattara (73) die Präsidentschaftswahlen mit überwältigender Mehrheit gewonnen hat. Er erhielt am Sonntag 83,66 Prozent der Stimmen. Sein größter Herausforderer Pascal Affi N'Guessan – er repräsentiert die moderaten Flügel der Ivorischen Volksfront (FPI) – kam auf knapp 9,3 Prozent. Er räumte am Mittwoch seiner Niederlage ein.

Am Morgen nach der Bekanntgabe herrscht im Stadtteil Cocody, in dem auch die Parteizentrale von Ouattaras RHDP-Partei (Rassemblement des Houphouétistes pour la Démocratie et la Paix) liegt, vor allem Erleichterung. "Bisher ist es ruhig geblieben", sagt ein junger Mann, der in der Nähe mit Freunden Basketball spielt. "Hoffentlich bleibt das auch so", ergänzt einer seiner Freunde. Vor Unruhen haben weiterhin viele Menschen im Land Angst. Als kritisch galt nicht unbedingt der Wahltag, sondern die Zeit danach. Auch das war wohl ein Grund für die niedrige Wahlbeteiligung von knapp 55 Prozent.

Einseitige Justiz

Schließlich sind die Erinnerungen an 2010 weiterhin allgegenwärtig. Damals versank der weltweit größte Kakaoproduzent nach der Stichwahl im Chaos. Offen gesprochen wird darüber aber nicht. Genau das wird eine der größten Aufgaben sein, die auf den 73-jährigen Ouattara zukommt. Seine Anhänger betonen zwar gern, dass das Land wieder vereint ist. Doch das Misstrauen bleibt groß.

Ouattara-Kritiker beklagen vor allem die einseitige Justiz. Laurent Gbagbo, der 2010 seine Niederlage in der Stichwahl nicht akzeptieren wollte, steht ab dem 10. November vor dem Internationalen Strafgerichtshof (ICC) in Den Haag. Dabei berichten Augenzeugen immer wieder, dass auch die Kämpfer des gerade wiedergewählten Präsidenten für Gräueltaten verantwortlich sind.

Keine Untersuchung von Massaker 2011

Eines der schlimmsten Massaker fand Ende März 2011 in Duékoué im Westen des Landes statt. Innerhalb weniger Tage flüchteten damals knapp 30.000 Menschen in eine katholische Mission. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch hatte in den vergangenen Jahren mehrfach gefordert, dieses Massaker zu untersuchen und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Doch ohne Erfolg.

Einen muss Wirtschaftsexperte Ouattara auch die politische Landschaft. Große Teile der Opposition waren bei der Wahl gar nicht angetreten, darunter auch der Gbagbo-Flügel der FPI. Beobachter bewerten das als schlechtes Zeichen für die Demokratie.

Konflikt um Wirtschaftswachstum

Gelobt wurde das 23 Millionen Einwohner starke Land jedoch in der Vergangenheit gern für sein jährliches Wirtschaftswachstum von mehr als neun Prozent. Für die Bewohner von Abidjan heißt das meist: In Ouattaras erster Amtszeit sind neue Straßen und Brücken entstanden. "Doch Wirtschaftswachstum ist nicht bloß Beton", kritisiert Mamadou Koulibaly, ehemaliger Parlamentspräsident. Verschiedenen Schätzungen zufolge dürfte weiterhin jeder vierte Ivorer unterhalb der Armutsgrenze leben. Verlässliche Zahlen gibt es jedoch nicht.

Die letzte Wahl vor fünf Jahren endete in einem blutigen Konflikt. Dieses Mal blieb die Lage ruhig, der Amtsinhaber an der Macht. Die Gräueltaten nach den Stichwahlen 2010 werden – einseitig – aufgeklärt. (Katrin Gänsler aus Abidjan, 28.10.2015)