Wien – "Er hat immer gesagt, ich habe den Teufel in mir", schildert Frau M. Szenen ihrer Ehe. Daher sitzt ihr Ex-Mann Usama S. nun vor einem Schöffengericht unter Vorsitz von Petra Poschalko. Die Staatsanwaltschaft will, dass der 46-Jährige in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen wird, da er seine um elf Jahre jüngere Gattin bei einem Streit mit einem Küchenmesser bedroht und sie später mehrmals gewürgt haben soll.

Der besachwaltete Angeklagte leugnet das. "Es ist nicht die Wahrheit. Es hat einen Streit gegeben, da sie ständig Marihuana geraucht hat." Er habe 45 Gramm des Rauschmittels im WC weggespült – "sie wollte dann hineingreifen", schildert er über die Nacht vom 6. auf den 7. November 2014.

Als die Studentin Nachschub holen wollte, habe er sich vor die Tür gestellt, um das zu verhindern. "Sie hat mich dann so getroffen, dass mir mein Provisorium aus dem Mund gefallen ist. Da hat sie gelacht", erzählt der zweifach Vorbestrafte weiter.

Sieben Jahre Ehe, zwei Kinder

Insgesamt sei die siebenjährige Ehe, aus der zwei Kinder hervorgingen, aber harmonisch und Scheidung nie ein Thema gewesen, beteuert er ruhig und sachlich,.

"Leiden Sie an einer psychischen Erkrankung?", will die Vorsitzende wissen. S. ist sich nicht ganz sicher. Zunächst verneint er, dann sagt er doch, dass er unter Stress ein Problem habe. Im Jahr 2000 wurde er in seine Heimat Ägypten abgeschoben, "dabei wurde ich von den österreichischen Polizisten geschlagen und gefoltert".

Das habe seine Probleme ausgelöst. Es sei auch der Grund, warum er seit Jahren die Republik klagt und Drohbriefe an den Bundespräsidenten, den Bundeskanzler und die Justiz schreibt.

Seine nunmehr ehemalige Gattin erzählt in seiner Abwesenheit eine ganz andere Geschichte. Sie habe S. im Jahr 2006 kennengelernt, nachdem er trotz Aufenthaltsverbots bereits wieder vier Jahre in Österreich lebte. Ob das auch ein Grund für die rasche Heirat war? "Ich habe schon gedacht, dass er leichter zu Papieren kommt", sagt sie.

Gewalt vor der Babysitterin

Dass er krank ist, habe sie aber nicht bemerkt: "Ich habe gedacht, er flippt leicht aus." Im Jahr 2009 schlug er zum ersten Mal zu – vor den Augen der Babysitterin. "Es kam dann zu einer Wegweisung, wir haben uns dann wieder versöhnt." Zum Jahreswechsel 2009/10 kam es in seinem Lokal zu "einem richtigen Kampf: Er hat mich gebissen und mir die Haare ausgerissen", erinnert sich die 35-Jährige. Sie war mit dem zweiten Kind schwanger und blieb bei ihm.

Die Situation sei dann aber besser geworden, vielleicht auch, da er von 2009 bis 2012 in psychiatrischer Behandlung gewesen ist. Erst 2014 wurde es schlimmer. "Er hat sich eingeredet, dass ich an seiner Situation schuld bin, seine Aggression hat sich immer stärker gegen mich gerichtet."

In der Tatnacht sei es aus einem banalen Grund zum Streit gekommen, den sie beendete, indem sie ins Bett ging. "Dann stand er mit einem Fleischmesser im Schlafzimmer." Der Angeklagte habe von einem Blutbad gesprochen und dass er die Kinder umbringen werde.

Sie versuchte, mit ihrem Mann zu reden. Ließ er aber nicht: Nachdem sie mit Scheidung drohte, würgte er sie, dass sie keine Luft mehr bekam. Auch einen wuchtigen Kopfstoß versetzte er ihr. "Ich musste ihm versprechen, dass ich nie mehr Nein sage." Am nächsten Tag flüchtete sie mit den Kindern ins Frauenhaus.

Ein Leben im Wahn

Wessen Version stimmt, kann vielleicht Karl Dantendorfer, der psychiatrische Sachverständige, klären. Und er ist recht eindeutig: "Selbstverständlich ist er krank." S. leide an einer "wahnhaften Störung", einer Erkrankung, die im Vergleich zur Schizophrenie aber seltener ist.

Denn sie tritt nur in einem engen Bereich auf, im übrigen Leben ist der Betroffene völlig normal. Seit acht Jahren schreibe er Briefe an die Politiker wegen seiner angeblichen Misshandlung, das gebe er aber zu. Dantendorfer hat schon im Sommer 2012 ein Gutachten über den Angeklagten erstellt, kam damals aber zum Schluss, dass er seine Drohungen nicht in die Tat umsetzen werde.

Nun sieht er es anders: Wenn der Senat der Schilderung der Frau glaube, sei er gefährlich, da sich sein Wahn auf die Familie beziehe. Eine Behandlung auf freiem Fuß empfiehlt Dantendorfer nicht: "Er ist derzeit nicht paktfähig und lebt in einer völlig eigenen Realität. Draußen würde er seine Medikamente nicht mehr nehmen", ist der Arzt überzeugt.

Das Gericht sieht das auch so und entscheidet sich nicht rechtskräftig für eine Einweisung. S. nimmt es ohne Emotionen zur Kenntnis. (Michael Möseneder, 28.10.2015)