Heinz-Christian Strache will die schwarz-rote Koalition vor Gericht zerren: Die FPÖ plane Strafanzeigen gegen eine Reihe von Regierungsmitglieder, kündigt der Parteichef an. Schließlich gelte es den "tagtäglichen Gesetzesbruch" zu ahnden, den "unverantwortliche Verantwortungsträger" im Zuge der Flüchtlingskrise begingen.

Schlepperei und Untreue

Die konkreten Anzeigen seien noch im Prüfungsstadium, doch ins Blaue gesprochen fallen den FPÖ-Vertretern viele Vergehen ein. Indem die EU "alle Schleusen" für die "illegale Masseneinwanderung" geöffnet habe, werde europäisches Recht "mit Füßen getreten", argumentiert Strache: Die Regierung mache sich dabei schuldig, indem sie ihre Pflicht verabsäume, wenigstens die nationalen Grenzen zu schützen. Wer dann die ohne Registrierung eingereisten Menschen weiter chauffiere, begehe Schlepperei, ergänzt Norbert Hofer, FPÖ-Vizechef und dritter Nationalratspräsident. Auch Generalsekretär Herbert Kickl fallen noch ein paar Missetaten ein – beispielsweise Untreue und Amtsmissbrauch, wenn die ÖBB ihre Züge für den Flüchtlingstransport zu Verfügung stellt.

"Schlechter politischer Gag"

Ob es wirklich Strafanzeigen setzt, prüft die FPÖ derzeit noch – und es ist gut möglich, dass es wegen Aussichtslosigkeit dabei bleibt. Das Delikt des Amtsmissbrauchs ist eng gefasst: Schuldig macht sich ein Beamter laut Strafgesetz erst dann, wenn er sein Amt nicht nur "wissentlich" missbraucht, sondern auch mit "dem Vorsatz, dadurch einen anderen an seinen Rechten zu schädigen". Diese Absicht werde im aktuellen Fall niemals nachzuweisen sein, sagt Staatsrechtsexperte Bernd Christian Funk und wertet die FP-Anzeigen als "schlechten politischen Gag". Auch der Rechtsprofessor Helmut Fuchs hält das Strafrecht für völlig ungeeignet, um es auf einen derart komplexen politischen Sachverhalt anzuwenden.

Orbán, der Vernünftige

Treffen will die FPÖ die "unverantwortlichen Verantwortungsträger" von SPÖ und ÖVP aber nicht nur vor dem Kadi. Strache und Kickl fordern einen "Runden Tisch", auf dem die Regierung der Opposition alle relevanten Zahlen kredenzt – vom Umfang des Flüchtlingsstroms bis zu den Kosten für Polizei und Bundesheer.

Was zu tun wäre, weiß die FPÖ schon jetzt: Das Heer Wache schieben lassen, "da und dort" Grenzzäune errichten, die Zugänge schließen und den ungarischen Ministerpräsidenten als Vorbild nehmen. Kickl: "Der Herr Orbán ist der einzige Vernünftige."

FPÖ sucht den Anti-Fischer

Keine Dringlichkeit habe hingegen die Entscheidung, wen die Freiheitlichen bei der Bundespräsidentenwahl aufstellen beziehungsweise unterstützen. Kickl sagt dazu nur so viel: "Unser Anforderungsprofil entspricht so ziemlich dem Gegenteil von Heinz Fischer und seiner Beschwichtigungsrhetorik." (Gerald John, 27.10.2015)