Jede Form von Diskriminierung wird bei Dynama abgelehnt, die Spielerinnen verstehen sich als feministisch und antifaschistisch.

Foto: Natalie Dutter

Eine Haltung, die sich auch in der Diversität der Spielerinnen widerspiegelt.

Foto: Natalie Dutter

Einer der letzten sehr warmen Sommertage, früher Abend. Ein Sportplatz im Herzen des 20. Wiener Gemeindebezirks, neben dem Fußballfeld ein Container. Im Container ist ein Fernseher, übertragen wird SK Rapid Wien gegen Villareal, Uefa Europa League. Davor sitzen ein paar Spielerinnen von Dynama Donau auf klapprigen Liegestühlen und Sesseln. Sie haben bald Training. Aber vorher lassen sie sich die Abendluft um die Nase wehen und schauen Fußball.

Der Container ist der Vereinsraum der Teams von Dynama und Dynamo Donau. Sie trainieren im Nachwuchszentrum des First Vienna FC und haben den Container organisiert, um Trainingsmaterialien, Trophäen und Fotos sowie einen Kühlschrank mit Getränken – und eben jenen Fernseher – unterzubringen. Daneben, unter einem Nussbaum, sind ein paar Bänke und ein Tisch aufgestellt. Ein paar Meter weiter sind die Hochbeete der Sektion Garteln, daneben Geräte an der Hinterwand des Verwaltungsgebäudes.

Die unterschiedlichsten Frauen

Als Team will Dynama Donau Frauen die Möglichkeit bieten, Fußball zu spielen und zur Sichtbarmachung von Frauen im Fußball beitragen. Jede Form der Diskriminierung wird abgelehnt und die Spielerinnen verstehen sich als feministisch und antifaschistisch. Wer einverstanden ist, ist gern gesehen. Auch als Zuschauerin.

Die Haltung des Teams drückt sich in der gesamten Vereinsstruktur aus. Verbindliche Entscheidungen werden im Plenum einmal im Monat getroffen, darüber hinaus wird über einen Mail-Verteiler kommuniziert. Je Saison werden die Mitgliedsbeiträge festgelegt. Wenn eine knapp bei Kasse ist, kann sie später zahlen, einen kleineren Betrag beisteuern oder sich in anderer Form einbringen. Der Anspruch ist: Die spielen will, soll spielen können.

Auch die Diversität der Spielerinnen spiegelt diese Haltung wider. Eine große Gemeinsamkeit betont Steffi David (Sturm), Torschützin beim Sieg gegen SV Wienerfeld 1b: "Das ist die Liebe zum Fußball. Die verbindet."

Umstieg in eine andere Liga

Seit der Gründung 2010 war Dynama mit wechselndem Erfolg in der DSG, der Diözesan Sport Gemeinschaft, vertreten. Dort finden die wöchentlichen Spiele auf Kleinfeld mit fünf Spielerinnen plus Torfrau auf der Marswiese im 17. Wiener Gemeindebezirk statt. Diese ist schwer erreichbar und nur wenige, eingefleischte Fans schaffen den weiten Weg. Mit ein Grund für die Kickerinnen von Dynama, im Sommer 2015 die Liga zu wechseln und in die 1. Klasse A des Wiener Fußballverbandes einzusteigen. Der Hauptgrund aber: endlich "richtig" Fußball spielen! Am Großfeld.

Die Gegnerinnen in der 1. Klasse A sind meist zehn bis zwanzig Jahre jünger und nicht selten das B- oder C-Team eines anderen Vereins. Bedingt durch die wenigen Ligen spielen die Frauen auf sehr unterschiedlichem Niveau. Da trifft ein "Hobbyteam, das nur in Ruhe kicken möchte, auf ein saugutes Nachwuchsteam am aufsteigenden Ast", um mit den Worten von Niki Staritz (Mittelfeld) zu sprechen.

Dynama ist zwar kein Nachwuchsteam, aber "am aufsteigenden Ast" und durchläuft gerade einen unheimlichen Entwicklungsprozess. Im letzten Jahr hat sich das Team für den Ligaumstieg entschieden und einen Trainerwechsel durchlebt. Einige neue Spielerinnen sind dazugekommen, die Ziele verschieben sich.

Das Großfeld bedeutet längere Laufstrecken und Spielzeiten sowie höhere taktische Anforderungen. Das Tor ist wesentlich größer und die Spieleinsätze sind häufiger. Ermöglicht wird ein schöner Spielaufbau, der am Kleinfeld nicht nötig ist, freut sich Steffi David.

Ein Team mit Potenzial

Die ersten Trainingsspiele auf Großfeld (im Frühling 2015) vor dem Umstieg waren laut Aurélie M., Verteidigung, "ein Desaster". Ein paar Monate später haben die Spielerinnen Positionen, eine Strategie und Struktur im Spiel. Die Entwicklung ist beeindruckend. Und sie haben Ziele. Verlieren reicht nicht mehr. Nach dem ersten Spiel gegen die Vienna 1b in der Herbstrunde sind sie mit dem 0:2 am Heimplatz noch zufrieden. Die Erwartungen waren sehr viel niedriger. Aber die Spielerinnen merken: "Da geht was, da ist Platz nach oben!"

So sieht das auch ihr Trainer Alex Brunner. Er unterstützt das Team wo er kann und sorgt für Struktur und Regelmäßigkeit. Die Erfolge bestätigen sein Engagement. In den wenigen Monaten der Zusammenarbeit ist viel weitergegangen und seine Zufriedenheit mit dem Team und den Entwicklungen ist spürbar.

Eine Hoffnung war es, mit dem Ligaumstieg neue Teams, Fußballerinnen und Plätze kennenzulernen. Bezüglich der Plätze wurde diese Hoffnung erfüllt: Die Matches finden auf den Trainingsplätzen der Teams statt. Leider sind diese oft nicht zentraler als die Marswiese, dafür quer über die Stadt verteilt. Die unterschiedlichen Untergründe sind oft ungewohnt und herausfordernd. Leider teilen wenige Teams eine besondere Schwäche der Dynama-Kickerinnen: nach dem Spiel mit Getränken und Würsteln in der Platzkantine abhängen. Also beschränkt sich das Kennenlernen meist auf das Spielverhalten am Feld.

Die Liga bringt Veränderungen und stellt Bedingungen an das Team. Es braucht Geld für die zusätzlichen Platzmieten und Schiedsrichterinnen. Ein Laptop und ein herzeigbarer Erste-Hilfe-Koffer werden benötigt, ebenso Auswärtsdressen und Präsentationsanzüge – für den "Team-Spirit" unerlässlich. Dabei hat der Verein kaum genug Mittel, um die finanziellen Einsätze für das Jubiläumsfest vorzustrecken. Weiters braucht es saubere, warme Duschen mit verlässlichen Fenstern und ausreichend Klopapier. Die Gästinnen sollen es gut haben am Heimplatz von Dynama.

Dynama Donau und die Sponsorinnen

Die Kickerinnen sind anspruchsvoll: Nicht jedes Unternehmen kommt für Sponsoring infrage. Es muss zur Haltung des Teams passen und die Frauen möchten nicht für White-, Green- oder Pink-Washing herhalten. Banken und politische Parteien sind von vornherein ausgeschlossen. Große Konzerne sind höchstens dann in Ordnung, wenn sie im öffentlichen Interesse wirtschaften.

Niki Staritz hat genauer recherchiert: Die stadtnahen Unternehmen sponsern gerne Bundesligavereine – Männerbundesligavereine. Keiner von diesen Vereinen hat ein Frauenteam, somit kommt die Unterstützung ausschließlich Männern zugute. Auch die Sportförderung erreicht kaum Frauenteams. Aber Erfolge stellen sich nun einmal leichter ein, wenn finanzielle und sonstige Ressourcen zur Verfügung stehen.

Trainer Alex Brunner bemängelt die Bereitschaft der Medien, über Frauenfußball zu berichten. In den Sportmagazinen des ORF, insbesondere dem "Sport aktuell" zwischen "Zeit im Bild" und Hauptabendprogramm, bleiben die Frauenligen quasi unerwähnt. Bei der Wahl der besten Kicker war der Fußballer des Jahres sieben Minuten lang im Bild. Sein weibliches Pendant bekam diese Aufmerksamkeit für unglaubliche vier Sekunden. Solange der Frauenfußball in den Medien marginalisiert ist, werden Sponsorinnen nicht reagieren, und ohne finanzielle Ressourcen ist es schwierig, den Frauenfußball weiterzuentwickeln.

Diese Spirale hat mehrere Ebenen. Denn Kickerinnen in den Medien bringen wiederum mehr Frauen und Mädchen in die Vereine. Mehr Spielerinnen bedeuten eine größere Lobby, das heißt bessere Chancen auf gute, zentrale Plätze. Davon gibt es zu wenige in Wien. Auch Vereine aus den unterschiedlichen Communitys migrierter Menschen sind diesbezüglich strukturell benachteiligt, berichtet Niki Staritz. Sie wünscht sich mehr Frauen, die kicken – in den Schulen, Vereinen, Käfigen. Dann gäbe es kein Problem mehr mit den unterschiedlichen Niveaus der Teams in den Ligen, diese würden sich besser ausdifferenzieren.

Um mit einem Dynama-Aufruf zu schließen: Gemma kicken! (Natalie Dutter, 28.10.2015)