Wien/Cambridge (Massachusetts) – Aus Hautzellen "zurückprogrammierte" Stammzellen sind funktionell gleichwertig mit embryonalen Stammzellen, fand der Österreicher Konrad Hochedlinger vom Howard Hughes Medical Institute (USA) mit Kollegen heraus. Die Studie erschien nun im Fachjournal "Nature Biotechnology". Es sei allerdings verfrüht zu sagen, man brauche daher keine embryonalen Stammzellen mehr, erklärt der Forscher.

Die Wissenschaftler verglichen menschliche embryonale Stammzellen (ES Zellen) mit aus Hautzellen hergestellten Stammzellen mit gleichem genetischen Hintergrund, auch "induzierte pluripotente Stammzellen" (iPS Zellen) genannt. "Unsere Daten zeigen, dass es keine konsistenten Unterschiede zwischen solchen ES und iPS Zellen gibt", berichtet Hochedlinger. Zu berücksichtigen sei aber die Umprogrammierungsmethode.

Die meisten Unterschiede zwischen ES Zellen und iPS Zellen, von denen in anderen Studien berichtet wurde, stammen vermutlich von verschiedenen genetischen Hintergründen und Geschlechtsunterschieden der dort verglichenen Zellen, schreiben die Forscher.

Offene Fragen

"Wir haben unsere Stammzellen jedoch nur aus einigen repräsentative Zelltypen produziert, und können daher nicht ausschließen, dass es Unterschiede bei der Herstellung aus anderen Zelltypen gibt", erklärt Hochedlinger. Um den gleichen genetischen Hintergrund zu garantieren, mussten die Forscher die iPS Zellen außerdem aus Hautzellen entstehen lassen, die zuvor aus ES Zellen gereift wurden. "Wir können daher nicht hundertprozentig ausschließen, dass iPS Zellen, die von den Hautzellen einer erwachsenen Person hergestellt werden, leichte Unterschiede zu ES Zellen aufweisen", meint er.

Es sei gut möglich, dass in der Forschung und Therapie iPS Zellen bald ES Zellen komplett ersetzen könnten. Humane ES Zellen seien jedoch nach wie vor der "Goldstandard" bei den Stammzellen. Bei iPS Zellen bestünde ein gewisser Aufholbedarf. "Menschliche ES Zellen wurden im Jahre 1998 entdeckt und sind daher einfach besser verstanden als menschliche iPS Zellen, die es erst seit 2008 gibt", sagt der Wissenschafter.

Keine Abstoßung nach Transplantation

Neben der ethischen Unbedenklichkeit haben iPS Zellen aber auch jetzt schon Vorteile: Sie lassen sich rasch herstellen und werden vom Immunsystem als eigene Zellen erkannt. "Daher würden sie nach einer Transplantation nicht abgestoßen werden, was bei ES Zellen ein Problem darstellt", so Hochedlinger. Denn letztere stammen von einem fremden Embryo und sind genetisch nicht ident mit den anderen Zellen eines Patienten.

ES-Zellen stammen aus sogenannten überzähligen Embryos, die für eine künstliche Befruchtung gezeugt und nicht mehr gebraucht wurden. Bei ihrer Gewinnung wird der Embryo zerstört. iPS Zellen können aus Körperzellen erwachsener Menschen hergestellt werden. Dafür werden meist vier Entwicklungsgene in den Zellen angeschaltet, um sie in einen embryonalen Zustand zurückzuführen. (APA, 27.10.2015)