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Flüchtlinge warten in Sentilj auf den Übertritt nach Österreich.

Foto: afp/Gomolj

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Flüchtlinge überqueren die slowenische Grenze nach Österreich.

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Klagenfurt – Die Kärntner Polizei erwartet am Samstagabend bis zu 1.200 Flüchtlinge, die mit dem Zug aus Slowenien kommen sollen. Laut Polizeisprecher Rainer Dionisio ist zumindest ein Zug mit 600 Flüchtlingen fix, ein weiterer ist geplant. "Wenn der zweite Zug nicht kommt, dann werden Flüchtlinge aus der Steiermark nach Kärnten gebracht", so Dionisio. Die Transitquartiere würden auf jeden Fall wieder voll.

Am Samstag sind alle Flüchtlinge, die die Nacht in Notunterkünften in Kärnten verbracht haben, mit einem Sonderzug und Bussen nach Oberösterreich gebracht worden. In Klagenfurt und Villach finden insgesamt 1.500 Flüchtlinge Platz in Transitquartieren.

Notquartiere in weiterer Entfernung angefahren

Laut einem Statusbericht der steirischen Polizei von 15 Uhr läuft der Transport von Flüchtlingen mit Bussen seit den Vormittagsstunden. Aus Kapazitätsgründen würden bereits Notquartiere in weiterer Entfernung angefahren. Derzeit würden sich noch 3.000 Personen in Spielfeld befinden. In Bad Radkersburg sind laut Polizei noch rund 180 Personen, auch hier würden bereits Busse in Richtung Quartiere fahren. Weitere 330 Personen seien am frühen Nachmittag eingetroffen. Aus Graz für ein Sonderzug mit rund 550 Flüchtlingen in Richtung Wels so die Polizei in ihrer Aussendung.

Nach den jüngsten offiziellen Zahlen sind in Slowenien bis 6 Uhr knapp 4.200 Flüchtlinge eingetroffen. Die meisten davon, rund 2.700, kamen in zwei Gruppen über die grüne Grenze in der Nähe des kleinen Grenzortes Rigonce im Südosten des Landes an. In der Unterkunft im slowenischen Sentilj vor der Grenze zu Österreich warteten um 6 Uhr früh rund 2.000 Menschen auf die Weiterreise nach Norden. Weitere 2.000 sind dorthin am Vormittag aus den Aufnahmezentren an der Grenze zu Kroatien eingetroffen.

800 Soldaten zur Unterstützung bereit

Derzeit sind 200 Polizisten an der Grenze zu Slowenien im Einsatz. Weitere Exekutivbeamte aus Ober- und Niederösterreich sowie aus dem Burgenland werden erwartet. Unterstützt werden sie vom Bundesheer. Vier Kompanien werden in Bad Radkersburg, Spielfeld und im übrigen Bezirk Leibnitz die Polizei bei der Ordnung der Flüchtlinge unterstützen, kündigte das Verteidigungsministerium am Samstag an. Insgesamt werden 800 Soldaten im Einsatz sein. In ganz Österreich zusammengerechnet seien laut Ministerium 1.500 Soldaten im Einsatz, bis zu 2.200 können es noch werden.

In der Nacht auf Samstag haben 95 Mitarbeiter des Roten Kreuzes die Flüchtlinge versorgt. Die Organisation sucht auf ihrer Plattform "Team Österreich" nach freiwilligen Helfern.

Um die Situation am steirisch-slowenischen Grenzübergang in Spielfeld zu entlasten geht am Samstag ein neues Transitquartier für Flüchtlinge in Leobersdorf im niederösterreichischen Bezirk Baden in Betrieb. Es befindet sich auf dem Areal des Einkaufszentrums "Bloomfield", 225 Betten stehen zur Verfügung.

Sakzburg: Zu Fuß nach Deutschland

In Salzburg haben am Samstagvormittag überraschend rund 1.000 Flüchtlinge das Notquartier in der Bahnhofsgarage verlassen und sich auf den Weg Richtung Grenze gemacht. Zu Mittag haben sie den Grenzübergang erreicht, nach ersten Informationen der Einsatzzentrale wurde mit den deutschen Behörden vereinbart, Personen in Gruppen zu rund 100 über die Grenze zu führen.

Laut einer Information der Stadt sollen sich an der Grenze am Nachmittag rund 1.500 Personen angesammelt haben. Wie Polizeisprecherin Eva Wenzl am Samstagnachmittag erklärte, dürften sich zunächst rund 50 Personen mit Zustimmung der Exekutive vom Vorplatz des Hauptbahnhofs auf den Fußweg zur Grenze gemacht haben, weil sie schon mehrere Tage in der Bahnhofsgarage warten mussten und mit ihrer Geduld am Ende waren. Der Aufbruch sprach sich dann aber offenbar rasend schnell herum – und kurz darauf hatte sich das Transitquartier fast völlig geleert.

Salzburger Bürgermeister verärgert

Wenzl wies damit erneut Kritik der Stadt zurück, es habe sich um eine gezielte Räumung der Bahnhofsgarage durch die Polizei gehandelt. Das sah Bürgermeister Heinz Schaden (SPÖ) anders: "Wir wurden mit keiner Silbe informiert. Das macht alles kaputt, was wir bisher an funktionierender Ordnung im Flüchtlingstransit auf die Beine gestellt haben. Damit wird Deutschland von Wien aus provoziert und unter Druck gesetzt. Eine gezielte Provokation, die ich für absolut kontraproduktiv halte", sagte der Stadtchef in einer Aussendung. Die Flüchtlinge seien gegen 10.30 Uhr in der Bahnhofstiefgarage mit Dolmetschern aufgefordert worden, sich zu Fuß zur Grenze nach Freilassing aufzumachen.

Schützenhöfer warnt vor Eskalation

Der steirische Landeshauptmann Schützenhöfer forderte am Samstag einmal mehr "dringend notwendige Maßnahmen" der Bundesregierung. "Wenn Europa nicht sofort erkennt, wie dramatisch die Lage ist und sich alle Mitgliedsstaaten aus der Verantwortung ziehen, wird das Friedensprojekt Europa scheitern," sagte er.

"Es muss endlich gehandelt werden, damit die Situation an der Grenze nicht endgültig eskaliert." Es dürfe nicht zur "Dauereinrichtung" werden, dass Flüchtlinge zu tausenden ungeordnet über die Grenze kommen. "Der Staat muss seine Grenze für die Bürger schützen und auch in einer solchen Notsituation in der Lage sein, dass es zu einem geregelten Ablauf der Zuströme kommt und Ordnung herrscht." Er bekräftigte noch einmal seine Forderung der vergangenen Tage, wonach die Sicherheitskräfte zu verstärken seien, "um der Situation endlich Herr zu werden".

Appell an Bundesländer

Der Landeshauptmann appellierte auch an die anderen Bundesländer: "Wir brauchen ihre Solidarität, damit auch sie mithelfen, rasch und unbürokratisch neue Notquartiere so zur Verfügung zu stellen, wie es die Steiermark in den letzten Monaten auch für das Burgenland getan hat." Die Wahrheit sei, dass am Freitag zig Busse keine Flüchtlinge aufnehmen durften, "weil das Ministerium österreichweit offenbar zu wenig Kapazitäten für deren Unterbringung hat", teilte Schützenhöfer mit. Außerdem müsse die Regierungsspitze mit Deutschland sicherstellen, dass das Nachbarland die Flüchtlingsaufnahme nicht abrupt stoppt.

In Kärnten haben rund 1.500 Flüchtlinge die Nacht auf Samstag in Notquartieren verbracht. Am Samstagvormittag wurde damit begonnen, die Menschen nach Oberösterreich zu bringen, man ging davon aus, dass die Quartiere am frühen Nachmittag wieder leer sein würden, sagte Polizeisprecher Rainer Dionisio.

Landesbedienstete bekommen Sonderurlaub

Für Samstag rechnet man mit weiteren 600 Flüchtlingen, die per Zug aus Slowenien nach Kärnten kommen. Außerdem dürften wieder Flüchtlinge aus der Steiermark nach Kärnten gebracht werden – die Kapazitätsgrenze liegt bei rund 1.500 Plätzen.

Der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) gibt jenen Landesbediensteten, die sich freiwillig in der Flüchtlingsbetreuung engagieren, bis zu fünf Tage Sonderurlaub. Das gilt für Bedienstete, die in freiwilligen Feuerwehren, Rettungsorganisationen, gemeinnützigen, karitativen oder kirchlichen Einrichtungen Transitflüchtlinge betreuen. Das hat er am Samstag in einer Aussendung bekannt gegeben.

Lopatka fordert Sicherung der Außengrenze

ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka drängte im Vorfeld eines Sondertreffens einiger EU-Staaten auf die Sicherung der EU-Außengrenze. Dazu finde sich im Entwurf für das Treffen zur Flüchtlings-Situation auf dem Balkan zu wenig.

"Was den Schutz der EU-Außengrenze betrifft, ist es total dürftig, da muss mehr reinkommen", betonte er. Der "entscheidende Punkt" aus seiner Sicht sei die Unterscheidung zwischen Kriegsflüchtlingen und jenen, die aus wirtschaftlichen Gründen kommen, die bereits an der Außengrenze in Asylzentren vorgenommen werden soll. Er pocht auf "konkrete Maßnahmen", anderenfalls sei das "Papier eines, das das Grundproblem nicht anspricht". Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) habe hier die Unterstützung des Koalitionspartners, so der ÖVP-Klubobmann.

Pühringer: Grenzzäune um Österreich

Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer (ÖVP) erklärte am Samstag, er könne sich "als allerletztes Mittel" auch Grenzzäune rund um Österreich vorstellen, sollte Deutschland keine Flüchtlinge mehr aufnehmen. "Da muss man genauso sperren, das wird dann nicht anders gehen", meinte Pühringer im ORF-Radio. Man müsse die EU-Außengrenze schützen, das Österreich sonst zu einem "Sammelplatz" für Flüchtlinge werde.

Caritas: "Schande für unser Land"

In einer gemeinsamen Presseaussendung haben der steirische Diözesanbischof Wilhelm Krautwaschl und Caritasdirektor Franz Küberl das Innenministerium und das Land Steiermark zu größeren Anstrengungen aufgerufen. "Wenn Menschen hier bei uns bei Temperaturen um die null Grad im Freien übernachten müssten, wäre das eine Schande für unser Land", sagte Küberl. Er wisse, dass es bereits jetzt Anstrengungen gebe, aber es fehle weiterhin an genügend Quartieren und auch an Transport-Kapazitäten entlang der aktuellen Transitroute von Spielfeld zur deutschen Grenze. "Hier muss schnell Abhilfe geschaffen werden." Das "Kompetenz-Hick-Hack" zwischen Bund und Land müsse ein Ende haben.

Ostermayr lehnt "Festung Europa" ab

Kanzleramtsminister Josef Ostermayer (SPÖ) lehnt den jüngst von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) gebrauchten Ausdruck "Festung Europa" ab. "Ich würde den Begriff Festung Europa nicht verwenden, weil er in anderer Zeit auch schon in anderem Kontext verwendet wurde" – so etwa auch im Nationalsozialismus, sagte Ostermayer am Samstag im Ö1-"Mittagsjournal".

"Im Nationalsozialismus wurden die eroberten Gebiete und das Deutsche Reich mit den eroberten Gebieten auch so bezeichnet", meinte Ostermayer. "Das ist jetzt aber nicht eine Unterstellung an die Innenministerin, ganz und gar nicht", betonte der Kanzleramtsminister.

FPÖ fordert Zaunbau

Die Freiheitlichen fordern zur Bewältigung der Flüchtlingssituation einen "echten Grenzschutz" in Österreich. Es soll sofort mit dem Bau eines Grenzzauns begonnen werden, forderte Parteichef Heinz-Christian Strache am Samstag in einer Aussendung.

Bulgarien, Serbien und Rumänien haben eine Schließung ihrer Grenzen für Flüchtlinge angekündigt, falls Österreich und Deutschland eine solche Maßnahme ergreifen sollten. Sie würden nicht zulassen, dass sich die drei Balkanstaaten zu Pufferzonen für Migranten entwickelten, sagte der bulgarische Ministerpräsident Bojko Borissow am Samstag. (APA, red, 24.10.2015)