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Aus dem Vollen schöpfen will Finanzminister Schelling bei der Münze Österreich. Diese hat bereits schwere Bedenken.

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Wien – Geht es um das Thema Budget und Oesterreichische Nationalbank, werden Erinnerungen an Karl-Heinz Grasser wach. In seiner Amtszeit wurde die Reduktion des Defizits auf dem Rücken der Notenbank ausgetragen. Sieben Milliarden Euro führte die Institution Anfang der 2000er-Jahre an den Staatshaushalt ab, die aus dem Abbau der Währungsreserven – darunter rund 100 Tonnen Gold – stammten.

Jetzt ist die Notenbank wieder ins Visier der Politik gerückt, wenngleich die Dimensionen der Geldbeschaffung jene unter Schwarzblau bei weitem verfehlen dürften. Doch immerhin soll das Gros eines bereits für 2016 budgetierten Sondererlöses von 405 Millionen Euro laut gut informierten Regierungskreisen aus der OeNB kommen, wenngleich dafür noch "Gespräche auf politischer Ebene erforderlich" seien, wie es im Budgetunterkapitel zum Bundesvermögen heißt.

Dazu kommt noch eine aus dem "normalen" Ertrag der Notenbank veranschlagte Gewinnabfuhr von 100 Millionen Euro. Woher der rätselhafte Geldsegen genau kommen soll? Aus der OeNB-Tochter Münze Österreich. Sie sitzt derzeit auf zwei Schätzen. Erstens hat sie ihren Drittelanteil an der Casinos Austria mit Gewinn an die Staatsholding Öbib verkauft, die Finanzminister Hans Jörg Schelling via Nationalbank für sich beansprucht.

400-Millionen-Schatz

Und dann wäre da noch eine Fundgrube: Die Münze sitzt auf einem gut 417 Millionen Euro dicken Polster, der in der Bilanz als Gewinnrücklage ausgewiesen wird. Der Grund für ein derart hohes Vermögen liegt in der Verpflichtung zur Rücknahme der ausgegebenen Münzen. Es könnte theoretisch jeder seine Euros zur Münze tragen und zurückfordern. Ein eher fiktives Konstrukt, wie auch Experten der Notenbank einräumen. Die dafür gebildeten Vorsorgen machen satte 400 Millionen Euro aus.

Die goldene Gans hat im Vorjahr Exfinanzminister Michael Spindelegger schon etwas gerupft, ohne an ihr hängen zu bleiben. Unbemerkt von der Öffentlichkeit wurde im Rahmen des Budgetbegleitgesetzes 2014 eine Änderung des Scheidemünzgesetzes vorgenommen, wonach die Rückstellungen für Schilling-Münzen aufgelöst werden müssen. Das führte im Abschluss des vergangenen Jahres zu einem Sonderertrag von 100 Mio. Euro und trug wesentlich dazu bei, dass 184 Mio. Euro an Dividende an die Notenbank flossen. Die wiederum konnte oder musste deshalb 230 Mio. Euro ans Budget abliefern.

Rücklösungsrückstellungsauflösung

Nun soll nachgeschärft werden, denn besagte 400 Millionen Rücklösungsvorsorge erscheinen dem Finanzministerium immer noch zu hoch. Der Segen der SPÖ wurde bereits eingeholt, wo man auch nicht einsehen will, dass ein öffentlicher Betrieb derartiges Vermögen horte, wie ein hochrangiger Politiker der Partei sagt. Die Eigenkapitalquote liegt trotz hoher Ausschüttung bei respektablen 52,1 Prozent (in absoluten Zahlen: 566,4 Mio. Euro).

Allein der Segen der Wirtschaftsprüfer erscheint fraglich. TPA Horwath hat den Geschäftsbericht 2014 bereits mit kritischen Stellungnahmen versehen. Im Testat wird kritisch angemerkt, dass wegen der Gesetzesänderung die Rückstellungen "nicht in der Höhe der unternehmensrechtlichen Erfordernisse im Jahresabschluss gebildet werden durften".

Rare Testat-Ergänzung

Derartige Ergänzungen des Prüfers im Bestätigungsvermerk sind eher rar und aus Fällen wie Hypo Alpe Adria und Meinl Bank bekannt. Die Münze Österreich selbst hat ein Gutachten zu dem Themenkomplex eingeholt, laut dem die Rückstellungen für die Rücklösung um 93,4 Millionen Euro zur gering sind.

In welcher Form Schelling nun "auf politischer Ebene" einen weiteren Aderlass der Münze herbeiführen will, gibt er nicht preis. "Die Gespräche dazu werden direkt mit der Nationalbank und nicht über die Medien geführt", richtete eine Sprecherin des Ministers dem STANDARD aus. Die Notenbank will all das nicht kommentieren, verweist aber vorsorglich auf ihre Unabhängigkeit. (Andreas Schnauder, 24.10.2015)