Erstmals eingeführt wurde die Sommerzeit 1916. Die anfängliche Begeisterung ist mittlerweile gewichen, zumindest bei den Ärzten.

Foto: wikipedia

Am Sonntag wurden die Uhr wieder um eine Stunde zurückgestellt, von drei Uhr morgens auf zwei Uhr – die Winterzeit hat begonnen. Die Umstellung von Sommer- auf Winterzeit sei zwar nicht so gravierend wie umgekehrt, dennoch werde damit das natürliche Schlafverhalten des Körpers überrumpelt, sagt Schlafforscher Gerhard Klösch von der Med-Uni Wien: "Die Zeitumstellung ist unnötig und unsinnig. Die Forschung liefert dazu seit 20 Jahren eindeutige Ergebnisse."

Er spricht von eindeutigen Auswirkungen auf Gesundheit und Wohlbefinden, unter denen insbesondere die sogenannten Eulen (Abend- und Nachtmenschen), aber etwa auch Jugendliche, Ältere und chronisch Kranke spürbar leiden. Ihre Beschwerden reichen von verminderter Aufmerksamkeit, niedrigerer Stresstoleranz und schlechter Stimmung bis hin zu Schlaf- und Verdauungsstörungen. Bis sich der Körper vollends umgestellt hat, kann es laut Klösch durchaus zwei bis drei Wochen dauern.

Das ursprüngliche Argument für die Einführung der Zeitumstellung (1973 in Frankreich, 1979 in Österreich) war das Energiesparen – wurde aber längst als Mythos widerlegt. Bei einem Vergleich von 224.000 Haushalten im US-Bundesstaat Indiana zeigte sich, dass die Sommerzeit keine Energieersparnis brachte – im Gegenteil, der Verbrauch stieg sogar um rund ein Prozent. Im Frühjahr wurde zwar geringfügig Energie gespart, im Sommer und Herbst wurde aber wegen des stärkeren Heizbedarfs am frühen Morgen sowie stärkerer Klimaanlagen-Nutzung am späten Nachmittag wieder mehr verbraucht.

Wirkung wie Jetlag

Auch aus medizinischer Sicht ist die Umstellung entbehrlich, denn das Schlafverhalten ändert sich ohnehin mit der Jahreszeit und dem Sonnenstand. Und zwar in einem für den Körper natürlichen Rhythmus: Während wir im Sommer die langen Tage genießen und spät zu Bett gehen, werden wir im Winter früher müde. "Die schrittweise kürzer werdenden Tage sind für den Biorhythmus normalerweise kein Problem. Die Umstellungen Ende März und Ende Oktober aber schon", sagt Klösch. Er spricht von einem Jetlag, wie er auf einem Flug nach Wien nach New York auftritt.

All jene, die besonders unter der Zeitumstellung leiden, sollten schon ein paar Tage vorher einige Minuten früher ins Bett zu gehen – etwa mit 15 Minuten Unterschied täglich, um so den Körper etwas langsamer auf die neue Schlafenszeit einzustellen. Sinnvoll ist außerdem, möglichst viel Zeit in der freien Natur zu verbringen und den Tag mit viel Licht zu starten, um für einen ausgeglichenen Melatonin-Haushalt zu sorgen.

Kommt es wiederum infolge der Umstellung zu schwereren Ein- oder Durchschlafstörungen, könne man über eine Supplementierung von Melatonin nachdenken – eine solche ist laut Klösch vor allem für Senioren oft sinnvoll, da die Melatoninproduktion mit dem Alter deutlich zurückgeht.

Zu wenig Schlaf

Problematisch ist die Zeitumstellung auch insofern, als dass wir ohnehin schon zu wenig schlafen – durchschnittlich jedes Jahr um fünf Minuten weniger. Kommt zusätzlich zum ständigen Schlafmangel noch eine Zeitumstellung hinzu, setzt das den Körper unter großen Stress.

Eine nun anlaufende Studie der Med-Uni Wien untersucht die Auswirkungen von Schlafmangel auf den Biorhythmus: Die These lautet, dass zu wenig Schlaf sogar Auswirkungen auf Herz-Kreislauf und Atmung hat – was anfälliger für Erkrankungen dieser Systeme machen kann. Eine deutlich herabgesetzte Stresstoleranz für alle, die weniger als fünf Stunden pro Nacht schlafen, konnte bereits eine ältere Studie der Med-Uni Wien nachweisen. (Florian Bayer, 24.10.2015)