Bild nicht mehr verfügbar.

"Unter sich" ist es halt doch gemütlicher. Dass Frauen irgendwie "anders" sind, hört man auch 2015 überall, was freilich immer "ironisch gemeint" ist. So oder so: Diese Haltung hat Konsequenzen.

Foto: apa/Andreas Lander

Es ist keine Überraschung. Und das Entsetzen und die Empörung über die reine Männer-Landesregierung in Oberösterreich sind sogar ein bisschen ärgerlich. Denn dass Frauen überall dort in der Minderheit sind, wo es um viel Geld, Macht und Anerkennung geht, ist ein Dauerzustand. Sei es in der Politik, in der Kultur, in der Wissenschaft, auf Diskussionspodien, als Expertinnen. Wenn Frauen in einem dieser Felder um die 30 Prozent stellen, sind alle glücklich. Wenn eine Diskussionsrunde zu 80 Prozent aus Männern besteht, ist das kein Thema, wenn es eine einzige Parteichefin in Österreich gibt, ist das normal, genauso, wie die Regisseurin oder Dirigentin die Ausnahme ist. Und eine Band, in der nur Männer sind, ist eine Band. Eine Band, in der der nur Frauen sind, ist eine Frauenband – und eine Anomalie. Und natürlich gewannen auch alle Nobelpreise in diesem Jahr Männer, mit Ausnahme von zweien.

Wenn also immer und überall nur ein paar Frauen vertreten sind, braucht es nicht viel, bis es gar keine mehr sind. Das ist nur logisch. Doch erst dann, und keine Sekunde früher, ist die Empörung groß. Oder man hat jene Erklärungen parat, mit denen die unverändert niedrigen Frauenquoten gebetsmühlenartig argumentiert werden: In der Politik seien es nun einmal demokratische Entscheidungsprozesse, die zu diesem Geschlechterverhältnis führten, wie ÖVP-Chef Josef Pühringer am Donnerstagabend in der "ZiB 2" sagte. Ein beliebtes Argument, kann man doch praktischerweise gleich andeuten, dass verpflichtende Quoten undemokratisch seien. Ähnlich in der Wirtschaft, wo schließlich die "Leistung" ausschlaggebend sei. Im Bereich der Kultur ist das Genie noch immer männlich, oder, anders gesagt, "Talent" muss schon da sein. Und in der Wissenschaft würden sich Frauen halt für die falschen Fächer entscheiden. Was soll man da schon machen?

Häme über Ideen für Veränderung

Diese Positionen gehören ebenso selbstverständlich zum öffentlichen Diskurs wie Häme und arrogante Wortmeldungen über jedwede Idee und Maßnahme, wie diese Geschlechterverhältnisse endlich zugunsten von Frauen verändert werden könnten. Selbst unter Artikeln über Kampagnen gegen Gewalt an Frauen stehen massenhaft Kommentatoren Gewehr bei Fuß, die dieses gravierende Problem kleinreden und lächerlich machen. Konsequentes Aufstehen gegen Diskriminierung wird noch immer als Kampf gegen Männer oder "Krieg zwischen den Geschlechtern" in den Dreck gezogen. Wer schmierige, sexistische Kommentare von KollegInnen kritisiert, steht eher im negativen Fokus als die Schmähtandler selber, und auch die Lust ist noch immer groß, ständig nach den Unterschieden zwischen Männern und Frauen zu suchen, um sie als Menschen zweier Gattungen darzustellen.

All diese Facetten bilden eine Öffentlichkeit, in der Frauen nicht über einen gönnerhaften Anteil am Kuchen hinauskommen. Die Landesregierung in Oberösterreich ist also kein unvorhersehbarer Unfall, sie ist die logische Konsequenz der Einstellung, dass sich Gleichberechtigung entweder von selbst erledigen soll oder, wenn das nicht funktioniert, halt die Demokratie schuld ist, weil Frauen in der Politik schlechter vernetzt sind, da sie sich nicht auf die Podien trauen oder eben falsche Interessen haben.

Die Verachtung von feministischen Forderungen ist derart selbstverständlich, dass sie unsichtbar ist. Wer sie trotzdem konsequent anspricht, gilt als hysterisch. Über eine reine Männerregierung darf es eine Empörungsrunde geben – wenn dann wieder brav zur Tagesordnung übergegangen wird, die Frauen natürlich längst nicht mehr benachteiligt. (Beate Hausbichler, 23.10.2015)