Die Wiener Landtagswahl ist geschlagen, nun könnte es mit dem neuen Mietrecht eigentlich recht schnell gehen. Nicht wenige interessierte Beobachter der Vorgänge rund um die wohnrechtlichen Verhandlungen zwischen SPÖ und ÖVP sehen bzw. sahen nämlich in den Wiener Wahlen den Hauptgrund, warum es bisher nicht zu einer Einigung kam.
Andererseits gibt es da auch noch die Fraktion derer, die eine erhebliche Beschleunigung der Verhandlungen wahrgenommen haben wollen, als über einen Wiener Wahltermin noch vor dem Sommer spekuliert wurde. Gewählt wurde dann bekanntlich erst am 11. Oktober – noch ohne neues Mietrecht.
Inwiefern diese Wahlen tatsächlich einen Einfluss auf die Verhandlungen hatten bzw. haben, sei dahingestellt. Fakt ist, dass "Leistbares Wohnen" seit ein paar Jahren in Umfragen "stets an vorderster Front unter den wichtigsten fünf Themen der Österreicherinnen und Österreicher präsent ist", berichtete Meinungsforscher Peter Hajek (Public Opinion Strategies) am Mittwoch auf einer Diskussionsveranstaltung des Österreichischen Verbands der Immobilienwirtschaft (ÖVI). Nachsatz: "Vor fünf oder zehn Jahren war das noch nicht so."
Altmieter klar im Vorteil
Der ÖVI hatte zur Diskussion gebeten, weil er Anfang des Jahres eine Studie namens "Leistbares Mieten – Leistbares Leben" in Auftrag gegeben hatte. Ein knappes Jahr – und eine Wiener Landtagswahl – später wollte man nun über die anstehenden "Herausforderungen für die Wohnpolitik" debattieren. (Von den Mietrechts-Verhandlern wollte zu der Diskussion übrigens niemand kommen, "um die Verhandlungen nicht zu torpedieren", wie es hieß.)
Relativ einig war sich die illustre Runde darin, dass die Regulierung auf dem heimischen Mietwohnungsmarkt ein Ausmaß angenommen hat, das – je nach Betrachtung – europaweit beispielhaft ist bzw. "den Markt völlig verschwinden lässt".
Franz Schellhorn vom Think-Tank Agenda Austria sieht eher Letzteres und wies darauf hin, dass die für Altmieter "sensationellen" Regulierungen eben andererseits "für die Jungen zum Problem werden" – denn diese müssten mit hohen Mieten letztlich auch die billigen Altmieten mitfinanzieren. Dass die Mieten für Junge zu hoch sind, sah auch Julia Herr, Bundesvorsitzende der Sozialistischen Jugend, so: "Sieben von zehn junge Arbeitnehmer geben mehr als die Hälfte ihres Gehalts fürs Wohnen aus", zitierte sie eine AK-Studie und forderte für junge Menschen eine Startwohnungs-Initiative ähnlich jener unter Bruno Kreisky.
"Höheres Angebot"
Schellhorn sprach dann auch aus, was viele in der heimischen Immo-Wirtschaft unterschreiben würden: "Der Preisdruck ist nur durch ein höheres Angebot wegzukriegen." Dieses Mehrangebot sollte seiner Ansicht nach aber hauptsächlich freifinanziert geschaffen werden, denn Schellhorn gab sich als Verfechter der Subjektförderung (Wohnbeihilfen) im Gegensatz zur Objektförderung (geförderter Wohnbau).
Andreas Ottenschläger, Bauträger und ÖVP-Nationalrat, plädierte für die umstrittenen "Einkommens-Checks" im geförderten Wohnbau, einen Normen-Abbau und einen "Gebührenstopp" in Wien. Den abwesenden Mietrechtsverhandlern zollte er insofern Respekt, als es seiner Ansicht nach "ein großes Kunststück" sei, ein Mietrecht zu erarbeiten, das alle Seiten zufriedenstellt.
Strenge bei Befristungen
Raimund Hofmann vom Zentrum für Europäische Rechtspolitik an der Uni Bremen wies darauf hin, dass der hohe Mieter-Anteil in Österreich von etwa 45 Prozent (bei 55 Prozent Eigentümern) ein "stabilisierender Faktor" in der Wirtschaftskrise ab 2008 gewesen sei. In Sachen Mietpreisbildung regte er an, sich stärker nach alternativen Modellen umzusehen. "In Schweden wird der Mietzins für bestimmte Gegenden zwischen Mietern und Vermietern ausverhandelt." Italien habe mit steuerlichen Vorteilen für Vermieter für niedrigere Mieten gesorgt.
Mehr Mobilität unter Altbaumietern könne zudem – nach deutschem Vorbild – durch leichtere Eigenbedarfskündigungen bei gleichzeitig strengeren Befristungs-Regelungen erreicht werden, so der Rechtsexperte. Viele wohnpolitische Vorschläge also, die ÖVI-Präsident Georg Flödl als Diskussionsleiter sammelte. Mögen sie von den "großen Künstlern" vulgo Wohnrechtsverhandlern auch gehört werden. (Martin Putschögl, 22.10.2015)