Hinter dem Vorhang ist vor dem Vorgang. Das Walk Tanztheater spielt im Alten Hallenbad mit der Wahrnehmung.

Foto: Mark Mosman

Feldkirch – Eine große leere Halle, halbdunkel. Ein weißer Fadenvorhang markiert einen runden Raum, hinter dem Vorhang sitzen drei Menschen, in weißes Licht getaucht. Sie sprechen englische Sätze. Wiederholen, wiederholen. Die Sprache wird zum Singsang. Das Publikum steht vor dem Vorhang, erwartungsvoll.

Endlich erscheint eine Radfahrerin (Lisa Suitner), teilt den Vorhang, verteilt Notizblöcke und Bleistifte. Schaut nach Arbeit aus ...

Ein Stuhlkreis, in der Mitte sitzen drei androgyne Wesen (Maria Fliri, Martin E. Greil, Aleksey Dmitrenko), "Look at me" fordern ihre Blicke. Gleiche Glitzerperücken, auch die Kleidung ist uniform: Weiße Unterwäsche, transparente Strumpfhosen, hautfarbene Kniestrümpfe (schauen aus wie die gegen Krampfadern), Socken, Sweatshirts. Vom Cover des Notizblocks, der auch Anleitung zum Stück ist, schaut streng Gertrude Stein, wie sie Pablo Picasso geschaffen hat. Das Publikum soll mitmachen, Notizen, Skizzen, Gedanken im Block festhalten. Look at me now and here I am wurde von Franziska Henschel und Benjamin van Bebber mit dem Ensemble aus Texten von Gertrude Stein, der Avantgardedichterin und Salondame, entwickelt.

Zwischen Meditation und Friseurbesuch

Das Trio sitzt für das Publikum Modell. "Die Erfahrung des Modellsitzens liegt irgendwo zwischen transzendentaler Meditation und einem Friseurbesuch" steht im Block. Ein Zitat des Kunstkritikers Martin Gayford, der sich von Lucian Freud malen ließ. Auf das Publikum bezogen, trifft Meditation zu, aber auch Friseur: "Schon strange, das Outfit von denen", zischt eine Frau. Die einen zeichnen, die anderen lauschen: "Shutters shut. Look at me./ Would he like it if i told him" – Schöpfungen der Dichterin in steter Wiederholung. Dann Action: Eine Tanzperformance, Verschleierung, Türen gehen auf, zu. Zwischen Klarheit und Verwirrung gebe es keinen Unterschied, sagte dereinst die Dichterin. Wie wahr. Ein irritierender Theaterabend, inszeniert von Franziska Henschel. (Jutta Berger, 23.10.2015)