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Auch Maria Rauch-Kallat, ehemalige ÖVP-Ministerin, Generalsekretärin und Bundesobfrau der schwarzen Vorfeldorganisation "Österreichische Frauenbewegung", wurde "immer wieder ausgebremst".

Foto: APA / Herbert Neubauer

STANDARD: Wir schreiben 2015, und Oberösterreich gönnt sich einen reinen Männerverein als Landesregierung. Was sagen Sie dazu?

Maria Rauch-Kallat: Das ist einmal mehr der Beweis, dass es seit einigen Jahren einen richtigen Backlash gibt, dass das Jahrtausend der Frau nicht die Erwartungen erfüllt, die alle an diese neue Zeit gestellt haben.

STANDARD: Wie hätte man das Problem mit "der Frau" in der Landesregierung politisch moderieren sollen? Landeshauptmann Josef Pühringer hätte ja zum Beispiel sagen können: Die einzige Frau in meinem Team ist fix, weil ich das gesellschaftspolitisch so haben will.

Rauch-Kallat: Das wäre für mich eine ganz logische Konsequenz gewesen und ich hätte das auch erwartet, weil Landesrätin Doris Hummer nicht nur gute Arbeit geleistet hat, sondern auch hochanerkannt war und ganz wichtige Themenfelder in ihrem Ressort hatte, zusätzlich zu den Frauen auch Wissenschaft und Bildung.

STANDARD: Apropos frauenpolitischer Backlash: Welche Verantwortung würden Sie da Ihrer eigenen Partei, der ÖVP, zuschreiben?

Rauch-Kallat: Die gleiche wie allen anderen Parteien. Jede Partei ist aufgefordert und gut beraten, ein ausgewogenes Verhältnis von Frauen und Männern zu haben, auch und vor allem in den Führungspositionen, denn wenn dort ausreichend Frauen sind, werden auch andere Frauen nachkommen, weil es ihnen Mut macht.

STANDARD: Sind die Frauen in den Parteien vielleicht auch zu zahm?

Rauch-Kallat: Ja, ich würde mir oft mehr Durchsetzungsstärke und lauteres Aufbegehren wünschen.

STANDARD: Warum gibt's das nicht?

Rauch-Kallat: Weil in der jungen Generation fälschlicherweise die Meinung vorherrscht, dass die Emanzipation der Frauen ohnehin schon längst erreicht und Gleichstellung überhaupt kein Problem sei, zumindest so lange, bis sie selbst ihre erste Diskriminierung wegen ihres Frauseins erleben.

STANDARD: Würden Sie jetzt, auch wenn es heißen wird, das ist Ländersache, ein Signal von ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner erwarten?

Rauch-Kallat: Der Bund – auch in meiner Partei – hat sich immer bemüht, ausreichend Frauen, zumindest über die Bundesliste beziehungsweise über die Positionen in der Bundesregierung, zu positionieren, wobei das beste Kräfteverhältnis in der Regierung Schüssel II war, da waren es wirklich 50 Prozent. Seither sind es leider wieder weniger, aber doch zumindest 30 Prozent Frauen in beiden Regierungsparteien. Manche Bundesländer sind leider absolut nicht auf diesem Weg. Leider sind die Eingriffsmöglichkeiten eines Bundesparteiobmanns sehr gering.

STANDARD: Hat die ÖVP ein Problem mit Frauen? Bei der Wien-Wahl haben nur noch sechs Prozent der Frauen unter 30 die ÖVP gewählt.

Rauch-Kallat: Vielleicht haben die Frauen ein Problem mit der ÖVP. Das würde ich daraus eher schließen. Ich glaube nicht, dass die Partei ein Problem mit Frauen hat. Ich glaube nur, dass die ÖVP zu wenige Frauen in wichtige Positionen bringt, und das ist schade. Allerdings haben wir in Wien von den sieben ÖVP-Mandaten vier Frauen – von denen zwei wiederum nur durch ihre Vorzugsstimmen hineingekommen sind.

STANDARD: Welches Frauenbild hat denn die ÖVP?

Rauch-Kallat: Ich habe zwölf Jahre lang als Bundesleiterin hart daran gearbeitet, dass dieses Frauenbild ein modernes, aktives und vielfältiges ist, und ich gehe doch davon aus, dass das immer noch so ist.

STANDARD: Sie selbst haben ja auch erlebt, wie es ist, von den Männern in der eigenen Partei ausgebremst zu werden – zum Beispiel 2011, als es darum ging, die Töchter in die Bundeshymne zu bringen. Da hat "mann" Ihre Rede durch Dauergerede verhindert. Hat sich die ÖVP also nicht weiterentwickelt?

Rauch-Kallat: Da haben die Frauen dann ja doch gewonnen, weil der Antrag letztendlich durchgegangen ist. Das Einzige, was die Männer konnten, war mir die Redezeit wegzunehmen, aber das hat sich ja zum Gegenteil verkehrt, weil der Antrag dadurch enorme mediale Aufmerksamkeit bekommen hat. Ich bin immer wieder ausgebremst worden, aber da bin ich nicht allein, das ging vielen Frauen so im Laufe ihres politischen Lebens. Was wichtig ist, und das sollten alle Frauen beherzigen: Man kann schon mal stolpern, aber dann: aufstehen, Krone richten und weitergehen. (Lisa Nimmervoll, 22.10.2015)