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Auch Militärfahrzeuge kamen am Mittwoch in dem slowenischen Ort Brežice zum Einsatz, nachdem Zelte für Flüchtlinge angezündet worden waren. Slowenien hat den Einsatz der Armee bewilligt.

Foto: AP / Matej Leskovsek

Ähnliche Eskalationen wie vor zweieinhalb Monaten in Mazedonien und vor sechs Wochen an der serbisch-ungarischen Grenze sind nun in Mitteleuropa zu sehen. Slowenien bat die EU inzwischen um Polizeihilfe bei der Bewältigung des Flüchtlingszustroms aus Kroatien. Man habe in anderen EU-Staaten um Polizeieinheiten angefragt, sagte Innenministerin Vesna Györkös Žnidar am Donnerstag.

Am Mittwoch kamen innerhalb von 24 Stunden mehr als 12.600 Menschen nach Slowenien. Das ist ein Rekord, der sogar die Zahl der nach Ungarn gekommenen Flüchtlinge auf dem Höhepunkt der dortigen Krise im September übertrifft. In den vergangenen fünf Tagen kamen mehr als 34.000 Menschen in das EU-Land, sämtliche Flüchtlingseinrichtungen in Slowenien sind völlig überfüllt.

Die Ankunft größerer Flüchtlingsgruppen setzte sich Donnerstagfrüh fort. Der Zustrom konzentriert sich nach wie vor auf den Südosten des Landes. In dem kleinen Grenzdorf Rigonce kamen Donnerstagfrüh zwei Gruppen aus insgesamt 5.000 Menschen über die grüne Grenze, teilte die Polizei in Novo mesto mit. Weitere 2.000 waren laut Medienberichten noch auf dem Weg dorthin. Auch im Nordosten Sloweniens gab es in der Nacht neue Ankünfte. In der Nähe des Grenzübergangs Zavrč kamen gegen 1 Uhr rund 660 Flüchtlinge an, teilte die Polizei in Maribor mit.

Feuer gelöscht

In dem slowenischen Ort Brežice hinter der kroatischen Grenze und unweit von Zagreb waren am Mittwoch 27 Zelte für Flüchtlinge in Brand geraten. In lokalen Medien kursierten unbestätigte Kommentare der Polizei, wonach Flüchtlinge die Zelte angezündet hatten, weil sie mit der langsamen Registrierung unzufrieden waren. Die Flüchtlinge wurden in Sicherheit gebracht, das Feuer gelöscht.

Mitte September hatten Flüchtlinge an der serbisch-ungarischen Grenze bei Horgoš Polizisten mit Steinen und anderen Gegenständen angegriffen, um den Grenzübertritt zu erzwingen. Der Bürgermeister von Brežice, Ivan Molan, forderte indes, dass der Staat einen Korridor von Kroatien nach Österreich etablieren "oder die Grenzen schließen" sollte.

Müll und Blockaden

Nicht nur Molan, auch andere Lokalpolitiker in Slowenien protestieren, weil ihre Gemeinden mit Müll und Straßenblockaden konfrontiert sind. "Wenn mehr als 10.000 Flüchtlinge im Land sind, also die Belastungsgrenze erreicht ist, dann wird der öffentliche und politische Druck auf die derzeitige Politik wachsen, und die Regierung wird drastischere Maßnahmen ergreifen müssen", prognostiziert der slowenische Politologe Marko Lovec.

Slowenien versucht gemeinsam mit Österreich die Reise der Flüchtlinge zu koordinieren und zu regulieren. In Brežice waren vor dem Brand 2.700 Flüchtlinge behelfsmäßig untergebracht worden. Polizisten und freiwillige Helfer sind seit Tagen überlastet.

Fehlende Koordination

Zudem erschwert die fehlende Koordination mit dem Nachbarland Kroatien – die kroatischen Behörden bringen teilweise unangekündigt Flüchtlinge in Bussen und Zügen an die slowenische Grenze – die Lage. Bei Cirkulane im Süden von Ptuj kamen so Flüchtlinge unkontrolliert nach Slowenien und konnten nur spärlich versorgt werden. Das Flüchtlingszentrum in Gornja Radgona ist ebenfalls an der Belastungsgrenze. Das slowenische Parlament hat am Mittwoch den Vorschlag der Regierung gebilligt, das Verteidigungsgesetz zu ändern, sodass nun auch Soldaten zur Hilfe an die Grenze geschickt werden können.

Die kroatische Präsidentin Kolinda Grabar-Kitarović, die selbst die Armee an die kroatisch-serbische Grenze schicken will, sagte, dass jeder Staat das Recht habe, seine Grenze zu schützen. Kroatien will einstweilen internationale Finanzhilfe für die Flüchtlingsbetreuung beantragen. Aus Dubai sollten Mittwochnacht mit einem Flugzeug 37 Tonnen humanitäre Hilfsgüter in Osijek ankommen.

Der kroatische Innenminister Ranko Ostojić sagte, Kroatien sei bereit, die Hälfte der aus Serbien kommenden Flüchtlinge eine Zeitlang in Lagern zu versorgen. Die andere Hälfte müsse aber weiterreisen. Die kroatische Polizei lässt die Flüchtlinge nur in Gruppen von 50 bis 100 Personen über die Grenze, weil das Flüchtlingslager in Opatovac überfüllt ist. Am Mittwoch in der Früh warteten 3.500 Personen an der Grenze in Berkasovo auf der serbischen Seite.

5.000 nach Serbien pro Tag

Andere Flüchtlinge gingen und gehen über die Weinberge und Getreidefelder unkontrolliert in Richtung Kroatien. Täglich kommen etwa 5.000 Flüchtlinge aus Mazedonien nach Serbien.

Menschenrechtsverletzungen

Der UNO-Hochkommissar für Menschenrechte, Zeid Raad al-Hussein, erhebt indessen schwere Vorwürfe gegen Tschechien. Das Land verstoße in der Flüchtlingskrise systematisch gegen die Menschenrechte. Routinemäßig würden Migranten bis zu 90 Tage festgesetzt und nach Geld durchsucht, das einbehalten werde. Auch Kinder würden eingesperrt. Er sei zudem alarmiert über die fremden- und islamfeindlichen Äußerungen von Präsident Milos Zeman, sagt Zeid in Genf. (awö, red, 22.10.2015)