Stanford – Steigende Temperaturen durch den Klimawandel könnten die Weltwirtschaft spürbar ausbremsen – so lautet die mögliche Folgerung aus einer aktuellen US-Studie. Der Zusammenhang: Die höchste Produktivität hätten Volkswirtschaften bei einer Jahresdurchschnittstemperatur von 13 Grad Celsius, schreiben Marshall Burke und Kollegen im Fachjournal "Nature". Bis zu dieser Temperatur stiegen die Erträge an, werde es noch wärmer, sänken sie wieder ab.

Die Forscher hatten Wirtschaftsdaten von 166 Staaten jeweils für den Zeitraum 1960 bis 2010 ausgewertet und in Beziehung zu den jährlichen Durchschnittstemperaturen gesetzt. Die Wendemarke von 13 Grad besteht ihren Ergebnissen nach unabhängig davon, wie hoch der Industrialisierungsgrad der Länder ist. Sie gilt für Leistung der Arbeitskräfte ebenso wie für die der Landwirtschaft.

Die Zahlen

Werde die Erwärmung nicht eingedämmt, drohe bei einem erwarteten Anstieg von gut vier Grad Celsius bis 2100 eine Verminderung der weltweiten Wirtschaftskraft von 23 Prozent im Vergleich zu einer Situation ohne Temperaturanstieg, warnen Burke und Kollegen. In 77 Prozent der Länder werden die einzelnen Menschen im Schnitt ärmer sein, als sie es ohne steigende Temperaturen wären. Je nach Szenario seien 5 bis 43 Prozent aller Länder 2100 dann sogar ärmer als sie heute sind.

Insgesamt werde sich der Abstand zwischen armen und wohlhabenden Länder vergrößern. Das reichste Fünftel der Länder werde noch leichte Zugewinne einfahren – denn dort seien die Temperaturen meist noch vergleichsweise niedrig. In Deutschland etwa lag das Jahresmittel 2014, dem wärmsten Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen, nach Daten des Deutschen Wetterdienstes bei 10,3 Grad und damit unter der Wendemarke von 13 Grad. Für die USA jedoch sehen die Forscher bis 2100 stärkere Einbußen voraus.

Wirbelstürme und ähnliche Klimawandelfolgen noch gar nicht miteinbezogen

Das Team um Burke betont, dass weitere durch den Klimawandel bedingte Effekte wie mehr tropische Zyklone oder steigende Meeresspiegel in den Hochrechnungen noch gar nicht berücksichtigt seien.

In einem Begleitartikel schreibt der schwedische Ökonom Thomas Sterner von der Universität Göteborg zu den Ergebnissen: "Diese Einschätzungen bedeuten wesentlich höhere ökonomische Verluste, als die meisten führenden Modelle sie nahelegen." Unter Umständen müssten Schadensvorhersagen um mehrere 100 Prozent erhöht werden. (APA, red, 21.10.2015)