Als Konsumenten kennen wir die Situation gut: Wer neue Kleidung kauft, der kauft, wenn es irgendwie leistbar ist, kleidsame Mode – und nicht das billigste Textil. Wer Hunger hat, kauft schmackhaftes Essen und konsumiert dieses bevorzugt in angenehmer Umgebung – auch wenn ein schneller Imbiss gerade so sattmachen würde. Man weiß ja: Wer billig kauft, kauft am Ende teuer.

Die öffentlichen Haushalte aber sind gehalten, möglichst billig einzukaufen – da bleibt wenig Spielraum. Solcher Spielraum ist aber notwendig, wenn man soziale Aspekte bei der Vergabe öffentlicher Aufträge berücksichtigen will. Es ist nämlich im Ergebnis nicht egal, ob etwa im Pflegebereich ein Unternehmen beauftragt wird, das billige junge Arbeitskräfte beschäftigt, oder ein anderes, das auch ältere, möglicherweise teurere Mitarbeiter hat. Dabei kommt es ja nicht nur auf die erbrachte Pflegeleistung an, sondern da spielt auch ein beschäftigungspolitischer Aspekt herein: Wenn ein sozialwirtschaftlich orientiertes Unternehmen Arbeitsplätze für ältere Beschäftigte schafft, dann wird nebenbei dem politischen Ziel gedient, die Menschen länger im Arbeitsprozess zu halten und ein höheres Pensionsantrittsalter zu ermöglichen.

Die EU rät ausdrücklich, solche Überlegungen im Vergaberecht zu berücksichtigen – volkswirtschaftlich kann es sich nämlich rechnen, das Bestbieterprinzip mit sozialen Kriterien zu unterlegen. (Conrad Seidl, 20.10.2015)