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Die slowenische Polizei begleitet Flüchtlinge in der Nähe von Dobova im Osten des Landes. Ab Mittwoch soll auch das Militär offiziell eingesetzt werden. Am Dienstag wurde das Gesetz dafür schnell geändert.

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Ljubljana/Zagreb – Am Dienstag eskalierte der Streit zwischen Slowenien und Kroatien wegen der Flüchtlingspolitik. Der slowenische Staatssekretär Bostjan Sefic betonte, dass Kroatien die Vereinbarungen nicht einhalte und dass dies Slowenien bedeutende Schwierigkeiten bereite, die Versorgung und den Transport der Flüchtlinge zu gewährleisten. Das Hauptproblem: Die slowenischen Beamten wissen nicht, wann wo wie viele Flüchtlinge aus Kroatien geschickt werden. Sie werden an Grenzorten einfach aus Bussen und Zügen herausgelassen.

Diese Politik und die fehlende Kommunikation führten bereits am Montag zu dramatischen Situationen. Hunderte Flüchtlinge landeten in der Nacht an der Grenze bei Harmica in einem Sumpf, manche wurden bis zum Oberkörper durchnässt und verloren ihre Habe im Schlamm.

Die slowenische Regierung betont seit Tagen, dass sie pro Tag nicht für mehr als für 2500 Personen Aufnahme, Registrierung und Transit Richtung Österreich organisieren könne. Kroatien, das jeden Tag mit tausenden Flüchtlinge, die über Serbien kommen, konfrontiert ist, nimmt auf diese Kapazitätsbeschränkung aber keine Rücksicht. Allein bis Dienstagmittag waren über 6000 Flüchtlinge nach Slowenien eingereist.

"Schneller Mauer bauen"

Ebenfalls am Dienstag wurde rasch das Verteidigungsgesetz geändert, damit die Armee ab heute, Mittwoch, bei der Flüchtlingskoordination helfen kann. Im Parlament in Ljubljana stimmten am frühen Mittwochmorgen bei fünf Gegenstimmen 66 Abgeordnete für die Notverordnung zum Einsatz des Militärs, die die Polizei an der Grenze unterstützen soll.

Der Ton zwischen Kroatien und Slowenien verschärft sich zusehends. Der kroatische Premier Zoran Milanovic sagte am Dienstagabend ganz in Wahlkampflaune im Fernsehen: "Wenn ich sehe, dass die Slowenen beginnen, eine Mauer zu bauen, dann werden wir doppelt so schnell eine bauen." Kroatien würde von der Flüchtlingskrise schwerer betroffen sein als Slowenien, so der Chef der Sozialdemokraten, der sich am 8. November einer Wahl stellt.

Milanovic sagte weiter, dass jeder Dummkopf eine Mauer bauen könne. Dies sei keine Lösung. Auch das nächste Statement galt offenbar Ungarn: Ungarn würde nur vorspielen, der Wächter des Christentums zu sein, die Flüchtlinge würden jedoch nur durch das Land durchgehen. Der Sozialdemokrat hatte Ungarn bereits vor ein paar Tagen den "Blinddarm Europas" genannt. Der Regierungschef versucht mit Rhetorik gegen Ungarn bei der Linken zu punkten, mit Rhetorik gegen Serbien bei den Rechten.

In Kroatien ist die Überforderung an der Grenze zu Serbien ebenfalls groß. Die kroatische Polizei ließ tausende Flüchtlinge nicht einreisen, worüber sich wiederum Serbien empörte. Für Konfliktstoff sorgt auch ein Übergriff der kroatischen Polizei auf serbische Journalisten. Serbien kündigte eine Protestnote an.

Überfülltes Flüchtlingslager

Aber auch das Flüchtlingslager im kroatischen Opatovac ist überfüllt. Allein am Montagabend kamen dem Roten Kreuz zufolge 4000 Personen dorthin. Manche von ihnen barfuß, völlig durchnässt und nur spärlich bekleidet. In der gesamten Region wird vor einem "Dominoeffekt" gewarnt, wenn Deutschland keine Flüchtlinge mehr aufnimmt. Denn dann könnten alle anderen in der Folge Richtung Süden ihre Grenzen sperren: Zunächst Österreich, dann Slowenien, dann Kroatien. Serbien warnt bereits davor, dass es nicht die Kapazitäten habe, so viele Flüchtlinge zu versorgen.

Wenn in Slowenien – was bald der Fall sein wird – die Kapazitäten völlig ausgeschöpft sind – maximal 10.000 Personen können untergebracht werden – könnte die Situation außer Kontrolle geraten. Selbst in Ljubljana wird bereits über die Errichtung eines Zauns gesprochen.

Die Hilfsbereitschaft ist hingegen länderübergreifend eindrucksvoll. Über die Facebook-Seite "Are you Syrious?" werden in Kroatien und in Slowenien freiwillige Helfer, Spenden und Benefizveranstaltungen organisiert. (Adelheid Wölfl, 20.10.2015)