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Was Schimpansen so im Laufe ihres Lebens verspeisen, lässt sich in ihrem Zahnstein ablesen.

Foto: AP/dpa/Peter Steffen

Leipzig – Um sich ein Bild von der Lebensweise unserer menschlichen Vorfahren zu machen, orientieren sich Forscher oft auch am Verhalten unserer nächsten lebenden Verwandten, den Schimpansen. Doch das Verständnis fundamentaler Verhaltensweisen, wie zum Beispiel der Ernährung, ist eingeschränkt, denn es basierte bisher fast ausschließlich auf der direkten Beobachtung der Tiere bei der Nahrungsaufnahme. Und die gibt nur einen kleinen Ausschnitt der Verhaltensweisen eines Tieres im Laufe seines Lebens wieder.

Nun haben Wissenschafter vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig eine andere Methode gewählt, um den kulinarischen Vorlieben von Schimpansen auf die Spur zu kommen: Die Forscher haben die im Zahnstein von verstorbenen Schimpansen enthaltenen Pflanzenreste analysiert. Die dem Zahnstein entnommenen Pflanzenbestandteile stimmen mit den Nahrungsdaten überein, die während der letzten zwanzig Jahre im Rahmen des Taï-Schimpansenprojektes an der Elfenbeinküste von frei lebenden Schimpansen gesammelt wurden.

"In unserer Studie vergleichen wir die Informationen, die uns die Zusammensetzung des Zahnsteins der Tiere verrät, mit den gesammelten Langzeitdaten aus der Beobachtung frei lebender Schimpansen im Taï-Nationalpark", sagt Erstautor Robert Power vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie. Dazu analysierten die Forscher den Zahnstein von 24 verstorbenen Taï-Schimpansen und rekonstruierten anhand seiner Zusammensetzung aus Pflanzenteilen (Phytolithen und Stärkepartikeln) die Ernährung der Tiere.

Auch wichtige Ereignisse im Leben der Tiere, wie die Entwöhnung von Schimpansenkindern oder das Erlernen besonderer Fähigkeiten, wie etwa das Knacken von Nüssen, spiegelt sich im Zahnstein wider.

Verlässliche Zahnsteinanalysen

Diese Studie ist eine der ersten, die bestätigt, dass Zahnsteinanalysen wesentliche Informationen zur Erforschung von Ernährungsweisen beitragen können, vor allem bei isoliert lebenden oder in nicht an den Menschen gewöhnten Primatengruppen. Auch die Ernährung ausgestorbener Menschenformen, deren Verhalten nicht mehr beobachtet werden kann, kann mit dieser Methode untersucht werden.

Darüber hinaus könnte die Untersuchung von Zahnstein bei der Rekonstruktion von Ernährungsgewohnheiten in den Bereichen Primatologie und Humanevolution zukünftig eine wichtige Rolle spielen. "Zahnstein ist als Speicher von Ernährungsgewohnheiten nützlicher, aber auch komplexerer als bisher angenommen", sagt Power. (red, 20.10.2015)