Hamburg/Frankfurt – Die EU-Kommission setzt der krisengeschüttelten HSH Nordbank die Pistole auf die Brust: Die Mehrheitseigner des Instituts, die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein, müssen bis 2018 einen Käufer für die HSH finden – oder das unter der Schiffskrise leidende Institut abwickeln. Das gab die EU-Kommission am Montag bekannt und genehmigte gleichzeitig einen Umbau der Landesbank.

Dieser fällt jedoch deutlich kleiner aus als von der HSH erhofft. Die beiden Bundesländer kündigten an, von der Bank faule Kredite mit einem Volumen von bis zu 6,2 Milliarden Euro zu übernehmen. Weitere Portfolios von zwei Milliarden Euro kann das Geldhaus am Markt verkaufen.

Das Volumen ausfallgefährdeter Kredite von derzeit gut 15 Milliarden Euro werde durch die Auslagerung um mehr als die Hälfte sinken, sagte HSH-Finanzvorstand Stefan Ermisch. "Unsere Abhängigkeit von der seit Jahren krisenbehafteten Schifffahrt und damit auch vom US-Dollar nimmt deutlich ab." Die Grundgebühr, die das Institut für eine milliardenschwere Garantie der Länder zahlt, reduziert sich durch den Umbau von 400 auf rund 100 Millionen Euro. Eine Zusatzprämie, die zuletzt 385 Millionen Euro betrug, entfällt ganz.

Durch das Ausmisten ihrer Bilanz kann die HSH die Forderung der EZB erfüllen, den Bestand an faulen Krediten deutlich zu senken. Die Hoffnung der Bank, deutlich mehr Altlasten aus der Bilanz zu schieben – verhandelt worden war zeitweise über bis zu 28 Milliarden Euro – erfüllte sich allerdings nicht.

Die beiden Mehrheitseigner äußerten sich nicht dazu, wie teuer sie der Umbau der Bank zu stehen kommt. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig erklärte lediglich, das Haushaltsrisiko für Schleswig-Holstein sei signifikant reduziert worden. Wolfgang Kubicki, der FDP-Fraktionschef im Kieler Landtag, rechnet schon im Zuge des aktuellen Deals mit Milliarden-Belastungen für den Steuerzahler. Weitere Kosten seien auf die Zeit nach der Landtagswahl im Frühjahr 2017 verschoben worden, da der Verkauf der HSH sehr schwierig werde, sagte Kubicki der Nachrichtenagentur Reuters. "Ich bezweifle, dass es dafür überhaupt einen Markt gibt."

Die EU-Kommission will die finale Entscheidung inklusive aller Details im ersten Halbjahr 2016 verkünden. Ab diesem Zeitpunkt beginnt dann eine zweijährige Privatisierungsphase, die unter bestimmten Bedingungen um sechs Monate verlängert werden kann. Die Länder, denen die Bank derzeit zu 85 Prozent gehört, dürfen danach nur noch 25 Prozent halten – und das auch nur noch für weitere vier Jahre. "Sollte der Verkaufsprozess scheitern, wird die Bank Neugeschäftsaktivitäten einstellen müssen und ihre Vermögenswerte in einer Weise verwalten, die ihrer Abwicklung dient", erklärte die EU-Kommission.

Die HSH erklärte, die Suche nach einer neuen Eigentümerstruktur könne "selbstverständlich auch unter Mitwirkung anderer Landesbanken geschehen". Der Hannoveraner Nachbar NordLB und andere Landesbanken haben in der Vergangenheit allerdings wiederholt deutlich gemacht, dass sie kein Interesse an einem Zusammengehen mit der HSH haben. "Da es keinen ersichtlichen Käufer für die HSH gibt, wird das Institut vermutlich einen Börsengang anstreben", sagte ein Investmentbanker. Die HRE-Nachfolgerin Pfandbriefbank habe gezeigt, dass dies funktionieren kann. "Es bleibt allerdings abzuwarten, ob die HSH profitabel genug ist, um genug Investoren für einen Börsengang zu gewinnen."

Die Bank hat mit der EU-Kommission rund zwei Jahre lang über ihre Neuaufstellung verhandelt. Auslöser für das Verfahren war die Wiederaufstockung staatlicher Garantien von sieben auf zehn Milliarden Euro, den die EU Montag final genehmigte. "Dies ist ein positiver Schritt, der die Chance eröffnet, einen wesentlichen Teil der Bank zu veräußern und den Weg dafür ebnet, dass ein privatisiertes, rentables Geschäft aus dem Verkauf hervorgehen kann", sagte EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager. Landesbanken genießen in Brüssel nach einer Reihe von staatlichen Rettungsaktionen in der Finanzkrise keinen guten Ruf. Vestagers Vorgänger Joaquin Almunia hatte durchgesetzt, dass die WestLB – einst das Flagschiff unter den deutschen Landesbanken – Mitte 2012 zerschlagen wurde. (APA/Reuters, 19.10.2015)