Wien – Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) hat die lange angekündigten einheitlichen Budgetregeln erlassen. Länder und Gemeinden über 10.000 Einwohner müssen die neuen Vorgaben ab dem Budget 2019 anwenden, alle anderen Gemeinden ab 2020. Spätestens bis dahin müssen sie ihre Budgets auf doppelte Buchführung umstellen und vergleichbare Angaben über Landes- und Gemeindefinanzen liefern.

Die derzeitige "Voranschlags- und Rechnungsabschlussverordnung" stammt aus 1997. Zeitgemäß sind die darin festgelegten Regeln nicht mehr: Die EU schreibt längst eine mehrjährige Finanzplanung vor und das veraltete System der kameralistischen Einnahmen-Ausgaben-Rechnung wurde vom Bund bereits vor Jahren durch eine doppelte Buchführung ("Doppik") ersetzt. Einige Länder sind hier mittlerweile nachgezogen.

Neue Buchführung vorgeschrieben

Kritik gibt es auch an der mangelnden Transparenz und Vergleichbarkeit der Länderbudgets. So stellte der Rechnungshof wiederholt fest, dass die Länder die eigentlich zur Vereinheitlichung gedachten Budgetregeln unterschiedlich auslegen. So werden zentrale Begriffe (wie "Finanzschulden" oder "Rücklagen") unterschiedlich definiert, auch eine einheitliche Darstellung der Vermögenswerte fehlt. Ein genauer Vergleich der Budgets und Schulden von Ländern und Gemeinden ist damit nicht möglich.

Die neue Verordnung soll die meisten dieser Kritikpunkte nun beheben: Ländern und Gemeinden wird die Umstellung von der Kameralistik auf eine Ergebnis-, Finanzierungs- und Vermögensrechnung vorgeschrieben. Bestandteil wird laut Entwurf daher auch eine "Eröffnungsbilanz" über das Landesvermögen zum 1.1.2019 sein. Zentrale Begriffe wie "Finanzschulden", "Haftungen", "Rückstellungen" etc. werden genau definiert.

Geimeindeverbände ausgenommen

Nicht vorgeschrieben wird Ländern und Gemeinden allerdings eine mehrjährige Budgetplanung. Außerdem gilt die Verordnung zwar für Länder, Gemeinden sowie deren Tochterfirmen, nicht aber für Gemeindeverbände. Dies deshalb, weil zur Regelung dieser Punkte eine Änderung der Finanzverfassung nötig wäre.

Die Verordnung ist der mittlerweile zumindest fünfte Anlauf in Richtung einheitlicher Budgetregeln, seit der Bund sein eigenes Haushaltsrecht 2007 modernisiert hat. Eine verpflichtende Übernahme der neuen Bundesregeln durch die Länder scheiterte damals. 2010 versuchte das Finanzministerium eine Vereinheitlichung mittels 15a-Vereinbarung, ein Jahr später sollten die neuen Regeln gemeinsam mit der Schuldenbremse erlassen werden. Beide Male ohne Erfolg.

Mosers Zustimmung nötig

Erst in Gefolge des Salzburger Spekulationsskandals kam wieder Bewegung in die Sache: Gemeinsam mit dem "Spekulationsverbot" 2013 vereinbarten Bund und Länder, bis Juni 2014 ein neues Haushaltsrecht zu verhandeln. Zwar ließ Finanzminister Michael Spindelegger (ÖVP) diese (auch im Regierungsprogramm verankerte) Frist verstreichen, sein Nachfolger Hans Jörg Schelling (ÖVP) hat die Reform nun aber auf Schiene gebracht. Gemeinsam mit Rechnungshofpräsident Josef Moser, dessen Zustimmung für die Verordnung nötig war und der jahrelang dafür geworben hatte.

Dass der Finanzminister den Ländern Vorschriften für eine einheitliche Darstellung ihrer Finanzlage machen darf, ist im Finanzverfassungsgesetz geregelt. Wie weit er dabei gehen darf, ist jedoch seit Erlass der Bestimmung 1948 strittig. Unter Finanzminister Hannes Androsch (SPÖ) vereinbarten Bund, Länder und Gemeinden daher 1974, die Regeln gemeinsam auszuhandeln ("Heiligenbluter Vereinbarung"). Diese Verhandlungspflicht hätten die Länder gerne in einen Bund-Länder-Vertrag über einheitliche Budgetregeln übernommen. Nun wurde die Verordnung aber ohne eine solche 15a-Vereinbarung erlassen.

Schelling: Nicht mit Ländern zerstritten

Für Finanzminister Hans-Jörg Schelling (ÖVP) ist mit der Verordnung, die er am Freitag unterzeichnet hat, das Thema "einheitliches Haushaltsrecht für Bund, Länder und Gemeinden" nach 41 Jahren Diskussion abgearbeitet. Den Vorwurf, dass Bund und Länder bei diesem heiklen Thema zerstritten wären, wies der Minister bei einem Mediengespräch am Montag zurück.

Die nun erlassene Verordnung sei kein "Diktat" des Bundes, sondern unter Einbindung der Länder und Gemeinden entstanden. Dass die Länder am morgigen Dienstag zusätzlich noch unter sich eine 15a-Vereinbarung beschließen wollen, ist für Schelling auch kein Widerspruch. Mit dieser würden sich die Länder untereinander zu den neuen Haushaltsregeln verpflichten. Der Inhalt der Länder-Vereinbarung sei aber deckungsgleich mit der Verordnung des Bundes.

Grüne pochen auf Änderung

Anders sieht das der Budgetsprecher der Grünen, Bruno Rossmann. Er warnte eindringlich davor, dass die Länder die noch offenen Punkte untereinander regeln. "Mit diesen 15a-Vereinbarungen droht nicht nur eine Verwässerung, sondern auch ein uneinheitliches Flickwerk. Das haben die Erfahrungen vieler 15a-Vereinbarungen gezeigt. Die Haftungsobergrenzen und das Spekulationsverbot sind ein Lehrstücke in dieser Hinsicht."

In diesen Bereichen gibt es zwar einheitliche 15a-Vereinbarungen, aber das Spekulationsverbot wurde in drei Bundesländern gar nicht umgesetzt und die Qualität der Umsetzung ist völlig unterschiedlich. Bei Haftungsobergrenzen agierten die Bundesländer völlig uneinheitlich und vielfach sogar gegen die geschlossenen Vereinbarungen.

Die Grünen haben die Verordnung begrüßt, fordern aber weiterhin eine Änderung der Finanzverfassung. Die Verordnung sei ein erster Meilenstein, sie lasse aber einige zentrale Punkte, die durch eine Änderung der Finanzverfassung geregelt werden sollten, offen, so Rossmann in einer Aussendung am Montag.

Zu diesen offen Punkten gehören neben einem Spekulationsverbot etwa die mittelfristige Budgetplanung, einheitliche Haftungsobergrenzen, Regelungen für Gemeindeverbände und die wirkungsorientierte Budgetierung. Von einer Abarbeitung, wie Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) behaupte, "kann daher keine Rede sein", so Rossmann. (APA, 19.10.2015)