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Bei den Staatsmeisterschaften im August lief Günther Matzinger zum Titel über 800 m. In Doha will er über 400 m glänzen.

Foto: GEPA/ Markus Oberlaender

Salzburg/Wien – London war perfekt. Österreichs Sportler waren von den Olympischen Spielen medaillenlos zurückgekehrt. Ein Desaster. Aber es gab noch die Paralympics. Ein bisschen mehr Aufmerksamkeit für Sportler, die selten im Rampenlicht stehen. Dazu volle Stadien. Begeisterung. "Die Stimmung war super", sagt Günther Matzinger (28) aus Salzburg.

4. September 2012, 400 m, Finale, Klasse T46: Matzinger läuft in 48,45 Sekunden zu Gold. Aber seine Spezialstrecke stand noch an. 8. September, 800 m, Finale, 80.000 Zuschauer im Stadion, der ORF überträgt live. Matzinger legt einen furiosen Zielsprint hin. 1:51,82 Minuten, Weltrekord, zweites Gold. "Wahnsinn", sagte Matzinger damals.

"In London hat alles zusammengepasst", sagt er heute. Die Paralympics haben sein Leben verändert. Bis 2012 arbeitete er Vollzeit in einer Bank. Er trainierte spätabends, um 22 oder 23 Uhr. "Irgendwo." Im Zweifelsfall auf der Straße. Seit 2013 ist er bei Wüstenrot angestellt. "Ich muss dort nicht im Büro auftauchen." Der Konzern ist sein Hauptsponsor. Matzinger ist Profi. Nebenher unterstützen ihn weitere Firmen. Er kann sich also voll auf das Training konzentrieren. Vier Stunden täglich, ein bis zwei Einheiten. "Ich bin leicht verkühlt, aber die Form ist ganz gut", sagt Matzinger. Es gibt wieder etwas zu holen. In Doha steigt ab kommendem Mittwoch die Para-Leichtathletik-WM. Das Ziel? "Eine Medaille." Und Gold? "Wäre super."

Vor zwei Jahren in Lyon holte er den Titel. Matzingers Saisonbestleistung steht bei 48,78 Sekunden. Sechs Konkurrenten blieben heuer ebenfalls noch unter 50 Sekunden.

Spezialstrecke gestrichen

Über 800 m gibt's nichts zu holen. Matzingers Spezialstrecke ist aus dem Programm gefallen. Auch bei den Paralympics 2016 in Rio muss er sich auf die 400 konzentrieren. Dabei seien die 800 m attraktiv gewesen. "Es werden irgendwelche Gründe genannt, um das Programm zu minimieren." Matzinger vermutet, dass es auf den Plan hinauslaufe, die Paralympics eines Tages in die Olympischen Spiele zu integrieren. "Grundsätzlich eine gute Idee", sagt Matzinger – aber nicht wenn zahlreiche Bewerbe wegfallen würden.

In Doha läuft Matzinger eventuell noch die 200 m. "Nur zur Gaudi. Da habe ich keine Chance." Die WM komme etwas spät in der Saison. "Ich bin die ersten Wettkämpfe im Mai gelaufen." Aber die Terminplanung scheint grundsätzlich etwas willkürlich. Matzinger: "Wir hatten die WM auch schon im Jänner oder im November."

Seit den letzten Titelkämpfen hat sich bei Matzinger viel getan. Im Vorjahr hinderte ihn ein Bandscheibenvorfall vier Monate lang am Laufen. Seit heuer läuft der Salzburger, dem von Geburt an der rechte Unterarm fehlt, mit einer Karbonprothese. Mit ihr kann er besser Schwung holen. "Am Anfang war sie ungewohnt, wie ein Fremdkörper." Beim Start ist die Prothese gestreckt, er kann sich also abstoßen, danach wird der künstliche Unterarm mittels mechanischer Steuerung angewinkelt. So läuft er den Rest des Rennens. Und so wurde er im August Staatsmeister über 800 Meter – gegen Nichtbehinderte.

Überhaupt läuft Matzinger die meisten seiner Rennen gegen Nichtbehinderte. Heuer startete er bei rund 15 Veranstaltungen. Den aus zehn Meetings bestehenden Grand Prix für Para-Leichtathleten ließ er komplett aus. Die Reisestrapazen wären teilweise nicht dafür gestanden.

Nächstes Jahr im Spätsommer wird Matzinger gerne Reisestrapazen auf sich nehmen. Rio 2016, Paralympics. Matzingers nächstes großes Ziel. Danach will er sich über seine Karriere Gedanken machen. "Ich bin dann ja schon 29." Entweder aufhören oder noch vier Jahre bis Tokio 2020 weitermachen. Ein goldener Abschluss in Brasilien oder in Japan. Das wäre jedenfalls perfekt. (Birgit Riezinger, 16.10.2015)