Bis vor wenigen Jahren war es Zentrale des Verfassungsschutzes, dann stand das Gebäude am Schubertring leer.

Foto: Grand Ferdinand

In den Zimmern finden sich industrielle Ästhetik und ein Stilmix.

Foto: Grand Ferdinand

Der rote Jaguar Mark X, Baujahr 1964, vor dem Haus ist kein Zufall. Das Auto gehörte einst Hans Lauda, dem Chef der Veitscher Magnesitwerke AG, die auf diesem Grundstück jahrzehntelang über den österreichischen Mineralabbau wachte. Nun kann man das gut erhaltene Kätzchen tageweise mieten – zumindest, wenn man im eben eröffneten Grand Ferdinand absteigt.

Die vom Grazer Hotelier Florian Weitzer errichtete Luxusherberge – nach den Grazer Nobelhäusern Wiesler und Weitzer und den Daniel-Hotels in Wien und Graz sein nunmehr fünfter Hotelstreich – wurde am Donnerstag erstmals für die Presse zugänglich gemacht.

"Ich mache Hotels, weil ich nichts anderes kann", sagt Florian Weitzer im Gespräch mit dem Standard. "Jahrelang bin ich an diesem leerstehenden Haus vorbeigefahren, und jedes Mal habe ich mir gedacht: Das wäre ein Hotel für mich! Nun ist es das geworden."

Schon auf den ersten Blick regiert der Charme der Mid-Century-Ära: Marmorpfeiler, Terrazzo, bunter Kachelboden in der Lobby und im Restaurant, durchlaufende Lederbank wie in einem American Diner, darüber mächtige Lobmeyr-Kronleuchter ganz im Stile der sich selbst zelebrierenden Fifties.

Formensprache der Fünfziger

"Die Fassade und die Eingangshalle stehen unter Denkmalschutz", erklärt der zuständige Architekt Christian Heiss, Geschäftsführer des Atelier Heiss. "Für uns war klar, dass wir den Gedanken weiterspinnen und mit der Formensprache der Fünfzigerjahre auch im Inneren des Hauses spielen wollen."

Nach Bombenschäden 1945 wurde das damalige Ringstraßenpalais abgerissen und 1952 bis 1954 von den beiden Architekten Percy A. Faber und Walter Sobotka neu errichtet. Der Stempel der Zeit ist dem Haus an jedem Eck anzumerken. Bis vor wenigen Jahren nutzte der Verfassungsschutz das Gebäude als geheime Zentrale. Zuletzt stand der Riesenklotz mit der prominenten Adresse Schubertring 10-12 leer.

"Die Bausubstanz war generell sehr gut, wenn man einmal davon absieht, dass man bei Umbauten nach dem heutigen Stand der Bauordnung und technischen Anforderungen so gut wie jeden Altbau statisch ertüchtigen muss", so Heiss. Die bestehenden Betonpfeiler wurden verstärkt, neue Stützen mussten eingezogen werden, die sichtbar belassene Betonrippendecke in den ringstraßenseitigen Zimmern und Suiten – ein Fertigteil der frühen Stunde – wurden mit hochbelastbaren Kohlefaserlamellen aufgedoppelt.

Die industrielle Ästhetik steht den mit unterschiedlichen Stilen jonglierenden Zimmern (Glasbausteine in der Dusche, grün beledertes Minisofa, neobarocke Bettstatt) nicht schlecht.

Schlafsäle im Luxushotel

188 Zimmer und Suiten gibt es. Die High-End-Suite im siebten Stock hat sogar einen eigenen Stiegenaufgang ins Dachrestaurant. 3000 Euro pro Nacht kostet der exklusive Spaß. Die anderen Zimmer gibt es um 220 bis 260 Euro. Die Gesamtinvestitionskosten der Hotelimmobilie, die sich in Besitz der Wlaschek-Aktiengesellschaft Amisola befindet, belaufen sich auf 27 Millionen Euro. Weitzer betreibt das Hotel mit einem Pachtvertrag auf 40 Jahre. Angestrebte Auslastung: 75 Prozent. Ab dem dritten Jahr will er schwarze Zahlen schreiben.

Absolutes Novum in dieser Kategorie: Neben den gehobenen "Zimmern der Wiener Eleganz" (O-Ton Weitzer) gibt es auch zwei Schlafsäle mit sechs bzw. acht Betten, nobel zusammengestellt zu Stockbetten in gediegenem, hochglanzpoliertem Mahagoni. Fast wähnt man sich mit Agatha Christie im Orient Express. "Luxushotels haben generell eine Neigung, vor der Türe eine Art Schranke einzubauen", sagt der Hotelbetreiber. "Ich hasse das. In diesem Hotel sind alle willkommen, auch diejenigen mit geringem Budget." Zu buchen sind die insgesamt 14 Betten über Airbnb, 30 Euro pro Stück und Nacht. Das symbiotische Modell aus Luxus und Low Budget ist einzigartig. Man wolle beobachten, ob diese Vermischung von der Klientel angenommen wird oder nicht.

Die Revitalisierung und Umnutzung der alten Veitscher-Magnesitwerke-Zentrale passt bestens ins Konzept der sich zurzeit förmlich aufdrängenden Immobilienthemen. Immer öfter werden Bürobauten aus den Fünfziger- und Sechzigerjahren aufgegeben, weil die technischen Standards nicht mehr den steigenden Anforderungen der Mieter gerecht werden. "Der Umgang mit Bauten aus dieser Zeit ist nicht sonderlich schwierig", sagt Heiss. "Vor allem bei Skelettbauten kann man vieles realisieren, solange man die primäre Struktur nicht antastet."

Vorzüge der alten Substanz

Auch Daniel Jelitzka, JP Immobilien, ein mit dem 25hours hotel und dem Guest House bereits erfahrener Conversion-Spezialist, kennt die Vorzüge der bisweilen ungeliebten Bausubstanz: "Meine Erfahrung ist, dass Adaptionen und Refurbishments in Stahlbetonbauten aus dieser Zeit leichter zu machen sind als etwa in einem klassischen Wiener Zinshaus. Mit technischen Herausforderungen wie der großen Trakttiefe und dem oft fehlenden Trittschallschutz muss man sich halt herumschlagen. Doch das ist für einen Architekten kein Problem." Vor allem die behördlichen Wege ließen sich schneller absolvieren, wenn die Gesamtkubatur erhalten bleibt.

Der rote Jaguar schnurrt. Neben dem Eingang des Grand Ferdinand steht in hübsch gestanzten Messing-Lettern geschrieben: "Begnadet für das Schöne" . Mit zunehmender Distanz kommen auch die lange versteckten Werte der Wiener Moderne zum Vorschein. (Wojciech Czaja, 17.10.2015)