Peter McDonald, der neue Generalsekretär der ÖVP, muss aufpassen, dass er sich nicht eins zu eins in die Reihe jener Sprechblasenpolitiker einordnet, deren es schon viel zu viele gibt. Das sind jene, die sich mit inhaltsleerem Wortgeschwurbel um Haltung und Positionen drücken.

Der Auftakt verhieß nichts Gutes: Da gab es öde Plattitüden und sinnentleerte Satzgeflechte. Parteichef und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner bemühte platte PR-Allgemeinplätze, er sorge jetzt für Bewegung. Aha. Ja, eh. Heilige Kühe würden geschlachtet und heiße Eisen geschmiedet, es werde Politik für die nächste Generation gemacht, gehandelt statt geredet – so haben sie sich gleich selbst einmal Lügen gestraft. Statt Ansagen und Inhalten gab es wieder lauwarme Luft.

Und das ist das Problem der ÖVP. Wofür steht diese Partei und für wen?

Die ÖVP braucht Ecken und Kanten, sie braucht klare Positionen und eine Haltung, sie braucht erkennbare Inhalte, die über modische Schlagworte hinausreichen. Das muss eine Konsequenz aus den Wahlverlusten in Oberösterreich und Wien sein. Der ÖVP kommen die bürgerlichen, liberalen Wählerschichten abhanden, andere kommen nicht hinzu.

Mitterlehner muss die Partei neu aufstellen, er muss sie inhaltlich aufmunitionieren. Gerade auch der Umgang mit den Flüchtlingen böte eine Chance: Zwischen Panikmache, Gewaltandrohung und hilfloser Resignation ließe sich ein Weg finden, wie man mit Haltung auf die Herausforderung reagiert, wie man pragmatische Lösungen findet, ohne die christlich-sozialen Ansprüche zu verraten – und das gehört in einer verständlichen Sprache klar kommuniziert. Ein Blick nach Deutschland zu Kanzlerin Angela Merkel könnte sich da lohnen.

Die ÖVP muss Glaubwürdigkeit zurückgewinnen, sonst wird sie in den nächsten Jahren zerrieben. Die Schwarzen hatten einmal einen Wertekanon, in dem Anstand eine große Rolle spielte, und wenn schon nicht Nächstenliebe, dann immerhin ein Interesse für die Nächsten, die Nachbarn. Und dieses Interesse hat nicht am Gartenzaun geendet. Wer die Flüchtlinge, die es aus Syrien zu uns verschlägt, als taktische Spielmasse in einem Wahlkampf begreift, wer das Nachschärfen einer Linie vom Wahlausgang abhängig macht, hat diese Werte verraten. Und der taktische Nutzen hält sich in Grenzen, wie die Wahlen gezeigt haben: Kalt und herzlos sind andere auch, aber eben noch besser.

Es gibt noch viele andere Politikfelder: die Familie zum Beispiel. Andere Lebensformen als Vater, Mutter, Kind – das ist ja auch die Lebenserfahrung vieler ÖVP-Politiker – müssen der Politik genauso lieb und teuer sein. Die bigotte Einstellung mancher ÖVP-Funktionäre ist abschreckend.

Es liegt jetzt an Mitterlehner, diese schlingernde Volkspartei auf einen Kurs zu bringen. Er wird dieser Tage auch ein paar Gedanken daran verschwenden, ob Erwin Pröll, Kaiser in Niederösterreich, als Präsidentschaftskandidat die richtige Ansage für ein modernes, urbanes und weltoffenes Publikum ist. (Oder ob er bei dieser Entscheidung eh nichts mitzureden hat, weil Pröll das entscheidet.)

Abseits der personellen Aufstellung muss es endlich auch um Inhalte und Positionen gehen. Das kann wehtun, die innerparteiliche Debatte darüber wird kontrovers verlaufen. Aber Mitterlehner und die ÖVP können sich nicht davor drücken, sonst haben sich beide bald entbehrlich gemacht. (Michael Völker, 15.10.2015)