Haifa/Wien – Über dem österreichischen Segelsport braut sich ein Gewitter zusammen. Just Lara Vadlau und Jolanta Ogar, regierende Welt- und Europameisterinnen in der 470er-Klasse, sind aus der Flotte des Segelverbands (ÖSV) ausgeschert und riskieren eine Alleinfahrt. Bei der WM dieser Tage in Haifa wird das Duo, das nach aktuellem Stand bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro aus heimischer Gesamtsportsicht die größten Medaillenchancen hat, nicht mehr von ÖSV-Sportdirektor Georg Fundak betreut, sondern von Larry Suter, einem US-Coach.

Der ÖSV, vor vollendete Tatsachen gestellt, reagierte einigermaßen verschnupft. Wolfgang Mayrhofer, ÖSV-Referent für Leistungs- und Spitzensport, hielt fest, die Zusammenarbeit von Vadlau/Ogar mit Suter erfolge "gegen den Willen des Segelverbands". Fix ist zwar, dass Fundak, unter dessen Ägide die Seglerinnen bei EM und WM jeweils zunächst Silber und dann Gold geholt hatten, "künftig entlastet werden soll" – um die 21-jährige Steuerfrau aus Kärnten und ihre 33-jährige, aus Polen stammende Vorschoterin wird sich bald ein eigener Spartentrainer kümmern. Dieser soll aber nicht Suter heißen. Der Verband habe "andere Kandidaten im Auge".

Aus ÖSV-Sicht spricht einiges gegen Suter (67), der 1970 zur Besatzung von America's-Cup-Sieger Intrepid gehörte und sich ab Mitte der 90er einen Namen als Trainer machte. Suter könnte die Gehaltsstruktur im ÖSV durcheinanderbringen. Zudem will der Verband nicht riskieren, mit jemandem von außen das angesammelte Know-how in Sachen Wetter- und Strömungskunde zu teilen. Mit ihrer Datenbank erhoffen sich die Österreicher in Rio einen großen Vorteil – kaum eine andere Nation setzt sich so intensiv mit den Bedingungen im Olympiarevier auseinander.

Ein Fall Fenninger im Segelsport? Das stellt Fundak, der Sportdirektor, der "natürlich in Haifa" bei der WM weilt, in Abrede. Er meint, das Verhältnis zu Vadlau/Ogar sei "hoffentlich nicht entscheidend gestört". Und er geht davon aus, dass es sich bei Suter als Coach "um eine Zwischenlösung" handelt. Fundak: "Wir haben eine bessere Lösung, davon bin ich überzeugt." Dass Vadlaus Vater Ernst via Kleine Zeitung anklingen ließ, seine Tochter würde nicht mit dem bestmöglichen Material ausgestattet, will der ÖSV lieber überhört respektive überlesen haben. "Letztlich müssen wir klären", sagt Fundak, "ob Lara den Teamweg, mit dem sie Erfolg hatte, weitergeht, oder ob sie einen individuellen Weg einschlagen will."

Bei der WM liegen Vadlau und Ogar – im Gegensatz zu Matthias Schmid und Florian Reichstädter (18.) – circa zur Halbzeit als Führende auf Medaillenkurs. Mag sein, dass sie im Erfolgsfall weiterhin mit Suter aufkreuzen wollen. Nach der WM, vielleicht schon am Montag, will man sich zusammensetzen und in Ruhe reden. Entweder beginnt es sich dann so richtig zu entladen, das Gewitter, oder es zieht noch einmal vorüber. (Fritz Neumann, 14.10.2015)