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Schutzsuchende auf dem Parkplatz des ehemaligen Zollamts in Nickelsdorf. Ohne Zelte haben etliche Asylwerber bald gar keine Herberge, befürchten NGOs.

Foto: APA / Herbert Oczeret

Heizkanonen beheizen die Nova-Rock-Halle in Nickelsdorf. Doch selbst wenn Zelte beheizbar sind – für den Winter sind sie keine geeignete Unterkunft.

Wien – Es wird kälter. Merklich. Abgesehen von begeisterten Alpinsportlern löst das wohl bei den wenigsten Österreichern Freude aus, für eine beträchtliche Anzahl an Menschen hierzulande könnte der kalte Herbst demnächst allerdings wirklich zum Problem werden: Rund tausend Flüchtlinge sind aktuell noch in Zelten untergebracht.

Das ist keine adäquate Unterbringung für den Winter, findet auch das Innenministerium. "Selbst wenn Zelte beheizbar sind, für uns gelten sie nicht als wetter- und winterfesteste Quartiere", sagt Sprecher Karl-Heinz Grundböck.

Meiste Schlafplätze in Zelten

Salzburg ist das Bundesland mit den meisten Schlafplätzen in Zelten, dort soll das nun auch Konsequenzen haben: "Wir lassen das Durchgriffsrecht wieder zur Anwendung kommen und eröffnen eine Unterkunft in der Gemeinde Bergheim", sagt Grundböck. Bis zu 400 Menschen sollen ab Dezember im ehemaligen Porsche-Informatik-Zentrum unterkommen – in Absprache mit dem Land Salzburg, wie Grundböck betont.

"Die Frage, ob Quartiere winterfest sind oder nicht, greift zu kurz", sagt hingegen Christoph Riedl, Geschäftsführer der Diakonie Flüchtlingsdienst. In den Verteilerzentren des Bundes herrscht nach wie vor Aufnahmestopp – das könne "zur absurden Situation führen", dass in Kürze zwar keine Asylwerber mehr in Zelten schlafen, dafür einige ohne Unterkunft auf der Straße stünden.

"Verstoß gegen EU-Recht"

"Das Innenministerium hat sich offensichtlich von der Verantwortung für die Erstaufnahme von Asylsuchenden verabschiedet", sagt Riedl. Damit verstoße Österreich gegen das heimische Grundversorgungsgesetz sowie auch gegen die europäischen Aufnahmerichtlinien. "Österreich macht genau das, was es bisher Italien und Griechenland vorgeworfen hat, während vermutlich immer noch tausende Notplätze in Kasernen zur Verfügung stünden."

"Am Ende der Kapazitäten"

Der Bund hat derzeit rund 7000 Menschen in Betreuung, fast die Hälfte davon "in Warteposition", wie Ministeriumssprecher Grundböck sagt – weil die Länder ihre Quoten immer noch nicht erfüllen und zu wenig neue Quartiere schaffen. "Wir sind am Ende unserer Kapazitäten", heißt es aus dem Innenministerium.

Aber auch abgesehen von Zelten sind einige Unterkünfte nicht für die kalte Jahreszeit geeignet: Das ehemaligen Postverteilerzentrum in Linz, das ist die größte Unterkunft Oberösterreichs; in der Steiermark spricht das Rote Kreuz von Problemen in den Flüchtlingsquartieren in Graz und Feldkirchen, die schon für aktuelle Temperaturen nicht gerüstet seien – es gibt noch zahlreiche weitere Beispiele.

Platzsuche für Traglufthallen

In Tirol ist man gerade dabei, einen geeigneten Platz für drei Traglufthallen zu finden – also luftdichte Überdruckzelte, aus denen Wärme nicht entweichen kann. Darin sollen dann noch vor Jahresende bis zu 720 Menschen untergebracht werden. Gleichzeitig muss das Land aber für 120 Asylwerber, die derzeit noch in Zelten in Kufstein schlafen, ein dauerhaftes Quartier finden.

In Vorarlberg sind die Sorgen eher theoretischer Natur: In einem offenen Brief auf Facebook hieß der dortige BZÖ-Chef Manfred Dorn den früheren Leiter der Caritas-Flüchtlingshilfe unter anderem "Feldkircher Schlepperkönig" und "Schutzpatron der Menschenhändler" – rechtliche Schritte gegen die orange Injurie werden bereits geprüft. (Katharina Mittelstaedt, 14.10.2015)