Wien – Im 17. Jahrhundert schaffte man zu Fuß fünf Kilometer pro Stunde, heute fliegt man 200 Mal so schnell um den Erdball. "Mit dieser Beschleunigung haben wir uns in einen Zustand gebracht, in dem wir uns ständig selbst überfordern", so die Umwelthistorikerin Verena Winiwarter diese Woche bei einem Vortrag in Wien. Dadurch generieren die Menschen immer mehr "Nebenwirkungen" wie den Klimawandel.

Durch dieses enorme Tempo könne man zum Beispiel nicht die nötige Anzahl von verantwortungsbewussten Entscheidungen treffen, meinte Winiwarter, die am in Wien ansässigen Institut für Soziale Ökologie der Universität Klagenfurt arbeitet. "Wir haben dabei auch viele Dinge geschaffen, die man nicht von heute auf morgen ändern kann, und die uns in eine Risikospirale treiben, deren Folge unter anderem der Klimawandel ist", sagte sie.

Kostenvergleiche

Es gäbe bis heute keine überzeugende Strategie gegen die globale Erwärmung, obwohl das nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch viel sinnvoller wäre, als weiterzumachen wie bisher. Denn laut Berechnungen würde ein "Business as usual"-Szenario bis zu 20 Prozent des Welteinkommens verschlingen, während die "Behandlungskosten" auf durchschnittlich ein Prozent geschätzt werden.

Der Klimawandel betrifft freilich auch die Weltmeere, die dadurch versauern, und vielerorts schon überfischt sind, obwohl sie derzeit gerade einmal zwei Prozente der weltweiten Nahrungsmittel liefern, erklärte Gerhard Herndl vom Department für Meeresbiologie der Universität Wien bei der Veranstaltungsreihe "Am Puls" des Wissenschaftsfonds FWF. "Im Nordostatlantik sind etwa 39 Prozente der Bestände gefährdet, im Mittelmeer 88 Prozente", sagte er.

In der Landwirtschaft würde man sich an den untersten Gliedern der Nahrungskette bedienen, also an Getreide und Pflanzenfressern. Aus dem Meer hole man sich jedoch große Raubfische, die an der Spitze der Nahrungspyramiden stehen, wie etwa Thunfische und Lachse. "Wenn wir diese Art des Fanges an Land betreiben würden, würden wir Wölfe und Löwen essen", sagte Herndl. Stellte man die Fischerei auf die untersten Glieder der Nahrungspyramide um, und würde sich etwa vor allem an Muscheln bedienen, könne man statt der aktuellen 100 Millionen Tonnen Nassgewicht pro Jahr problemlos 4.000 Millionen Tonnen aus den Meeren ernten. (APA, red, 17. 10. 2015)