Linz/Seewalchen am Attersee – In Oberösterreich ist ein großes Archäologie-Projekt angelaufen: Die Erforschung jungsteinzeitlicher Pfahlbaukulturen an den Salzkammergut-Seen wurde neu gestartet. Derzeit sind dazu Unterwassergrabungen am Attersee im Gange, wobei es sich um Vorarbeiten für die Landesausstellung 2020 mit dem Titel "Versunken – Aufgetaucht" in Seewalchen, Attersee und Mondsee handelt.

Fünf Jahre lang sollen Archäologen mit einer speziellen Forschungstaucherausbildung am Attersee und am Mondsee die im Flachwasser noch vorhandenen Reste von rund 6.000 Jahre alten Siedlungen untersuchen – sie sind Teil des UNESCO Welterbes "Prähistorische Pfahlbauten um die Alpen". Es handelt sich um die erste derartige umfassende Grabung seit fast 30 Jahren. Inzwischen gibt es neue wissenschaftliche Methoden in diesem Bereich.

Archäologische Funde im Strandbad

Aktuell sind Taucher an der Grube vor dem Sprungturm des Strandbades in Seewalchen im Einsatz. Weil die dort vorhandenen zwei Meter Wassertiefe zu wenig waren, wurde eine Grube ausgebaggert – mitten in eine der jungsteinzeitlichen Siedlungen am See. Seither rutscht immer wieder archäologisches Material von den Seitenkanten in die Grube. Diese wird deswegen regelmäßig neu ausgebaggert.

Mit der Ausgrabung soll einerseits die Umgebung der Grube erforscht und andererseits diese mit einer Verschalung gesichert werden, um die Erosion aufzuhalten. Seit Anfang Oktober saugen Taucher den abgelagerten Schlamm am Seeboden ab und bergen Fundstücke. Anders als bei Ausgrabungen am Land fällt dabei viel organisches Material an: Holz, Geweihe, Nahrungs- und Pflanzenreste sowie Überbleibsel von Textilien. Sie haben sich in der Feuchtigkeit im See jahrtausendelang erhalten. Nach ihrer Bergung muss sofort die Austrocknung verhindert werden. Sie werden nass, bei zehn Grad Celsius und dunkel gelagert, bis sie konserviert werden können.

Diese Funde beantworten Fragen über den prähistorischen Alltag: Was ist damals gewachsen, welches Klima herrschte, womit haben sich die Menschen ernährt? Die Holzpfähle der Häuser können obendrein mittels Dendrochronologie datiert werden.

Weitere Forschungsarbeiten

Darüber hinaus werden auch in einem auf mehrere Jahre angelegten Programm Siedlungen im Hinterland der Seen von mehreren wissenschaftlichen Disziplinen gemeinsam untersucht, um die Umwelt- und Besiedelungsgeschichte im oberösterreichischen Alpenvorland im vierten Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung zu erforschen. Dabei wird es neben Ausgrabungen auch Luftbildarchäologie, die Auswertung von Sedimentproben sowie den Einsatz von Bodenradar mit neuester Technologie geben.

An der Pfahlbauforschung sind neben dem Landesmuseum unter anderem die Universitäten Wien und Innsbruck sowie die Uni für Bodenkultur in Wien, das Naturhistorische Museum und das Kuratorium Pfahlbauten sowie die betroffenen Gemeinden beteiligt, deren Bevölkerung laufend durch eine intensive Informationsarbeit in das Vorhaben eingebunden werden. (APA, red, 16. 10. 2015)