Ankara/Wien – Türkische Ermittler haben die mutmaßlichen Selbstmordattentäter identifiziert, die am Samstag den Anschlag auf eine Friedenskundgebung in Ankara verübt haben. Wie in türkischen Medien in den Tagen zuvor bereits spekuliert wurde, kamen beide Täter aus der Stadt Adiyaman im Südosten des Landes und hatten längere Zeit bei der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS ) in Syrien verbracht. Sie waren der Polizei auch bekannt.

Bei dem einem Mann handelt es sich um Yunus Emre Alagöz, den älteren Bruder des Selbstmordattentäters, der sich im Juli in der Grenzstadt Suruç in die Luft gesprengt hatte und 33 Menschen tötete. Der andere Täter soll Ömer Deniz Dündar gewesen sein. Auch sein Name stand wie jener der Alagöz-Brüder auf einer Liste von Terrorverdächtigen der türkischen Polizei.

Mit Dündars Vater hatte die liberale Tageszeitung "Radikal" bereits vor zweieinhalb Jahren, im Frühjahr 2013, im Rahmen eines Berichts über junge Türken gesprochen, die zum IS nach Syrien gehen. Er habe mehrmals die Polizei in Adiyaman aufgesucht und die Verhaftung seines Sohnes verlangt, erzählte der Vater nun einer anderen türkischen Zeitung. Die Behörden hätten aber kein Interesse gezeigt. Ömer Dündar war 2014 für acht Monate nach Adiyaman zurückgekehrt.

Opposition fordert Rücktritte

Oppositionsführer Kemal Kılıçdaroğlu von der sozialdemokratischen CHP forderte erneut den Rücktritt des Innen- und des Justizministers in der Übergangsregierung. Beide stehen der konservativ-islamischen AKP nahe. Das Innenministerium suspendierte am Dienstag aber drei führende Polizei- und Geheimdienstchefs der Provinz Ankara im Rahmen der Ermittlungen.

Die Botschafter von 27 EU-Staaten – darunter Österreichs Vertreter Klaus Wölfer – legten am Montagabend Blumen am Schauplatz des Anschlags nieder; der EU-Staat Zypern war nicht vertreten, weil er von Ankara nicht anerkannt ist. Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan kam erst am Mittwoch, vier Tage nach dem schwersten Terroranschlag in der Geschichte der Türkischen Republik, zu dem abgesperrten Areal vor dem Bahnhof von Ankara. Unklar ist die Zahl der Opfer: Offiziell sind es 97, Autopsien wurden aber an 105 Leichen durchgeführt. (mab, 14.10.2015)