Zwar werden heuer bereits deutlich mehr öffentliche Aufträge elektronisch vergeben als im Vorjahr – 2014 wurden lediglich 140 Ausschreibungen per e-Vergabe abgewickelt, in den ersten drei Quartalen 2015 waren es 360 – in Relation zur Gesamtzahl an Verfahren, sind das jedoch erst fünf bis zehn Prozent, so der Auftragnehmerkataster Österreich am Mittwoch.

Öffentliche Stellen wie Bund, Länder und Gemeinden sowie staatsnahe Betriebe vergeben hierzulande jährlich Aufträge in Höhe von über 50 Milliarden Euro. Aufgrund von EU-Richtlinien wird das Bundesvergabegesetz im April 2016 reformiert, was zur verpflichtenden e-Vergabe führt: Ab April 2017 müssen zentrale Beschaffungsstellen alle Aufträge elektronisch vergeben, für die übrigen öffentlichen Auftraggeber ist dies ab Oktober 2018 bindend. Das EU-weite Einsparungspotenzial der e-Vergabe liegt nach Berechnungen der europäischen Kommission bei 5 bis 20 Prozent der Beschaffungsausgaben, für Österreich hat das Finanzministerium Kostensenkungen von etwa 590 Millionen Euro berechnet.

Der Schlüssel

"Der Schlüssel für die Verbreitung der e-Vergabe liegt bei den Auftraggebern", sagt Alfred Jöchlinger, Geschäftsführer des Auftragnehmerkataster Österreich. Dennoch seien viele öffentliche Auftraggeber noch nicht auf die e-Vergabe umgestiegen. Vorreiter bei der elektronischen Auftragsabwicklung sei die Stadt Wien. "Es gibt zwei Nutzergruppen: die 'early birds', die sich jetzt schon mit der e-Vergabe auseinandersetzen und jene, die noch zuwarten und sich dann in letzter Minute über zu wenig Information beschweren werden.", so Jöchlinger.

Bieter, die die e-Vergabe bereits nutzen und sich damit beschäftigt haben, zeigen sich laut Jöchlinger zufrieden und sehen die Vorteile. Durch die elektronische Abwicklung soll beispielsweise mehr Transparenz gewährleistet werden. So ist eine Voraböffnung der Angebote durch den Auftragnehmer nicht möglich, wodurch Unregelmäßigkeiten verhindert werden sollen. Die Eingabe in standardisierte Formulare stellt zudem die Rechtskonformität der Angebote sicher und ermöglicht eine lückenlose Dokumentation sowie Protokollierung.

Auch wenn die e-Vergabe laut Jöchlinger zu Zeitersparnis führt, rät er Unternehmern, sich rechtzeitig um die Eingabe eines Angebots zu kümmern: zurzeit legen 82 Prozent der Unternehmen ihr Angebot am letzten Tag vor Abgabefrist, ein Fünftel gar in der letzten Stunde. Vor allem beim Upload größerer Dateien könne dies problematisch werden.

Trotzdem ruft der Umstieg, vor allem bei Klein- und Mittelunternehmen Skepsis hervor. "Bieter müssen anfangs etwas Zeit einplanen, um sich mit einer Vergabeplattform anzufreunden.", sagt Jöchlinger. Da es in Österreich keine einheitliche, flächendeckende Plattform gibt, stehen Unternehmer vor der Herausforderung, sich immer neu einarbeiten zu müssen – die geplante "e-Vergabe Austria", die eine Kommunikation zwischen den verschiedenen Vergabeplattformen ermöglicht hätte, kam laut Jöchlinger nicht zustande. (APA, 14.10. 2015)