Wien – Die Tarifstruktur bei den Stromnetz-Entgelten soll angesichts von Änderungen wie Erneuerbaren-Ausbau, mehr dezentrale Erzeugung und Smart-Meter-Einführung reformiert werden. Das Tauziehen hat bereits im Frühjahr begonnen. Die E-Wirtschaft spricht sich für eine Verschiebung zu einem höheren fixen und einem geringeren variablen Anteil aus und betont, dass sie bei ihrem Modell nicht mehr verdient.

Die jetzige Struktur sei 15 Jahre alt, die neue Ausgestaltung müsse verursachergerecht sein, sagte Franz Strempfl, Spartensprecher Netz im Branchenverband Oesterreichs Energie und Netz-Steiermark-Geschäftsführer. Die neue Struktur müsse verursachergerecht sein, Ziel sei es, die entstehenden Kosten in den tatsächlichen Tarifen abzubilden. Die Einnahmen für die Netzbetreiber blieben gleich, es gehe um eine verursachungsgerechte Verteilung. "Wir erzielen daraus keinen Cent Mehrerlös", betonte Strempfl.

Die Umsetzung sollte nach Vorstellungen der E-Wirtschaft nicht von heute auf morgen erfolgen, um sprunghafte Auswirkungen auf die Netzkunden zu vermeiden. Es geht vor allem um die Verteilnetze.

Arbeiten an der Struktur

Die für die Netztarife zuständige Regulierungsbehörde E-Control hatte bereits im Frühjahr erklärt, an einer neuen Struktur der Stromnetz-Entgelte zu arbeiten. Bei der Adaptierung der Struktur solle das "reine kWh- und kW-Denken"-abgelegt "und über neue Wege zur verursachergerechten Netzfinanzierung zur Aufrechterhaltung nachgedacht werden", hatte es damals geheißen. Das aktuelle Anreizregulierungsmodell läuft bis Ende 2018.

Die aktuelle Tarifstruktur sei zu Beginn des Jahrtausends im Zuge der Marktliberalisierung entwickelt worden, so Strempfl. Mittlerweile habe sich das Umfeld komplett geändert – thermische Einheiten seien stillgelegt worden, die dezentrale Einspeisung nehme die Netze mehr in Anspruch als früher. Auch von Haushalten werde Energie nicht nur entnommen, sondern auch eingespeist etwa über Photovoltaik-Anlagen. Strempfl betonte, man sei nicht gegen dezentrale Einspeisung, man strebe mehr Verursachungsgerechtigkeit an. Die Netzbetreiber seien an möglichst vielen Einspeisern interessiert.

Der Anteil der Leistungspreiskomponente, die sich auf die gemessene Leistung bezieht, an den Erlösen liegt nach Angaben der E-Wirtschaft derzeit zwischen rund 20 bis 50 Prozent und sollte nach Vorstellungen der Strombranche erhöht werden. Gleichzeitig sollten die Arbeitspreise – also die Preise pro verbrauchter Kilowattstunde (kWh) – erlösneutral gesenkt werden. Die Kosten der Netzbetreiber würden durch die Bereitstellung der Leistung bestimmt, mehr als drei Viertel seien Fixkosten. Es müsse künftig Augenmerk darauf gelegt werden, dass es zu keiner versteckten Förderung von einzelnen Gruppen zu Lasten anderer komme, betont die E-Wirtschaft. Das Netzverlustentgelt und das Messentgelt – ein Fixbetrag – sollten zwecks Vereinfachung in das Netznutzungsentgelt integriert werden.

Die je nach Standort regional unterschiedlichen Netztarife sind eine der drei Komponenten der Stromrechnung. Sie machen rund ein Drittel der Gesamtrechnung aus. Weitere Teile sind der reine Energiepreis – nur hier ist Wettbewerb möglich – sowie Steuern und Abgaben. (APA, 14.10.2015)