Hans-Jörg Schelling stellt den Haushaltsplan für 2016 vor.

Foto: Matthias Cremer

Wien – Hans Jörg Schelling (ÖVP) hat sich ein populäres Vorbild ausgesucht. Am österreichischen Fußballnationalteam orientiert sich der Finanzminister, wenn er seine Ziele skizziert: Schließlich waren die heimischen Kicker vor ein paar Jahren noch im sportlichen Nirgendwo "und sind heute unter den Top Ten der Welt". Genau in diese Regionen will Schelling auch den Staat bringen, wenn es um Disziplinen wie Sparsamkeit und Wirtschaftsfreundlichkeit geht.

Schulden sollen sinken

Einen ersten, wenn auch – wie er selbst einräumt – kleinen Schritt in diese Richtung versucht er mit seinem ersten Budget zu gehen. Am Mittwoch stellt der ÖVP-Politiker das Zahlenwerk im Parlament vor.

Die Eckpunkte des Haushaltsentwurfes für das Jahr 2016: Die Ausgaben steigen von 74,7 auf rund 77 Milliarden Euro und damit stärker als die Einnahmen, die von 71,5 auf 71,9 Milliarden anschwellen. Weil das Bruttoinlandsprodukt (BIP) aber stärker steigt, soll die Schuldenquote nach zwei Jahren Anstieg nun von 86,5 auf 85,1 Prozent des BIP sinken; dabei habe man die pessimistischeren Schätzungen verwendet, betont Schelling. Auch das gesamtstaatliche Defizit soll sinken, von 1,9 auf 1,4 Prozent des BIP. Österreich würde damit weit unter der kritischen Maastricht-Grenze von drei Prozent landen.

Die EU-Kommission legt aber einen anderen Wert als entscheidenden Maßstab an: das strukturelle Defizit, bei dem Konjunkturschwankungen und Einmaleffekte herausgerechnet werden. 0,54 Prozent soll dieses 2016 betragen, womit Österreich die EU-Vorgabe von 0,45 Prozent innerhalb der vorgesehenen Toleranzgrenze erfüllt.

Herausgerechnet sind, wie von mit Brüssel akzeptiert wird, bereits 500 Millionen Euro für Flüchtlingskosten, sonst läge das Defizit um etwa 0,15 Prozent höher. Österreich erreiche damit zum dritten Mal hintereinander das Budgetziel, verkündet Schelling, "auch wenn das viele nicht wahrhaben wollen".

Schelling nimmt Zweifel nicht ernst

Der Finanzminister meint damit die vielen Zweifler von der EU-Kommission abwärts, zu denen sich diese Woche auch das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) gesellte: Die Fachleute prognostizieren für das nächste Jahr ein strukturelles Defizit von 1,1 Prozent. Er habe sich oft schon gefragt, wie die Experten ihre Voraussagen treffen, "ohne jemals ein Budget gesehen zu haben", pariert Schelling die Einwände lässig, als er am Montagabend die Eckpunkte des Budgets vor Journalisten vorstellt. Außerdem verweist er auf die gleichen Zweifel beim letzten Budget. Letztlich erreichte Österreich das 0,45-Prozent-Ziel dann ein Jahr früher als gefordert.

Kosten bei Pensionen verflacht

Um nicht Lügen gestraft zu werden, will Schelling "beim Staat" sparen: In der Verwaltung 500 Millionen, bei Förderungen 200 Millionen; wo, soll weitgehend den einzelnen Ressorts überlassen werden. Bis 2020 sollen im Apparat – Ausnahme ist etwa die Sicherheit – Stellen so konsequent nicht nachbesetzt werden, dass sich der Staat bis 2020 kumuliert 3,3 Milliarden erspart.

Reformen im Bildungsbereich nötig

Die strukturelle Lücke von 340 Millionen im Bildungsbudget will der Finanzminister nicht auffüllen, das Bildungsministerium werde den Großteil der Summe durch Reformen selbst aufbringen müssen – Schelling hofft auf die für November angekündigten Ergebnisse der Schulreformbemühungen. Weiter Kostentreiber seien der Arbeitsmarkt und die Pensionen, wobei da aber eingeleitete Reformen bereits Wirkung zeigten: "Der Kostenanstieg hat sich verflacht."

Zusätzliches Geld lockermachen muss Schelling hingegen für die Bewältigung des Flüchtlingszustroms: 420 Millionen für die Grundversorgung von Asylwerbern, 75 Millionen für die Integration und 70 Millionen für Arbeitsmarktmaßnahmen. Bei letzterem Posten müsse es sich nicht "zwingend" um neues Geld handeln, denkbar seien auch Umschichtungen im Arbeitsmarktbudget; geklärt werden soll dies beim angekündigten Arbeitsmarktgipfel. Außerdem wird den für die Mindestsicherung zuständigen Ländern erlaubt, die Budgetziele des Stabilitätspaktes zu überschreiten, womit weitere 345 Millionen dazukommen. Inklusive eines budgetären Notpolsters ergibt sich somit eine runde Milliarde Mehrkosten für die Flüchtlinge.

Hungerhilfe aufgestockt

Verbucht ist offenbar, wie vom Parlament einstimmig gefordert, eine Aufstockung der Hungerhilfe: In einem Nachtragsbudget für 2015 sei ein Rahmen von zehn bis 20 Millionen Euro vorgesehen. Aufgestockt wird der laufende Haushalt überdies mit 300 Millionen für die Bildung und 200 Millionen für das Innenministerium, unter anderem wegen der Flüchtlinge. Auch ein langfristiges Ziel gibt Schelling aus: 2019 soll Österreich ein "echtes" gesamtstaatliches Nulldefizit schaffen. (Gerald John, 14.10.2015)