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Sibylle Hamann, hier als Kurt-Vorhofer-Preisträgerin 2014, schreibt u.a. für "Presse", "Falter" und "Datum".

Foto: APA/BUNDESHEER/PETER LECHNER

Wien – Bienen und Blumen als Metaphern für Journalisten und Medienbetriebe: Sibylle Hamann, vielfach ausgezeichnete Journalistin, hielt am Dienstagabend in Wien die Festrede zur Sponsion des Instituts für Journalismus und Medienmanagement. Hier finden Sie ihre Rede im Wortlaut:

"Von Bienen und Blumen

Sie haben es also geschafft. Fertigzuwerden.

Sie haben es auch geschafft, jahrelang der Idee festzuhalten, Journalisten und Journalistinnen zu werden. Trotz allem. Obwohl man Sie mit allen Mittel abzuschrecken versucht hat. Bei der Bewerbung wahrscheinlich schon, und dann nochmal beim Bewerbungsgespräch, und nachher dann wahrscheinlich zu Beginn jeder einzelnen Lehrveranstaltung, wo man Sie zweifelnd bis mitleidig angeblickt hat. Ob Sie wirklich wissen, was Sie da tun, obwohl doch alle die Vortragenden selber keine Ahnung haben, wie es mit unserer Branche weitergeht? Ob das, was Sie da lernen, einen Sinn hat? Ob es übermorgen überhaupt noch Medien gibt? Jobs in Medien? Und ob irgendwer uns noch brauchen wird, uns Journalistinnen und Journalisten, und das, was wir können?

Nun – Sie haben es trotzdem gemacht. Weitergemacht. Durchgehalten, trotz aller Untergangsszenarien. Und damit schon die ersten Eigenschaften bewiesen, die Sie in diesem wunderbaren Beruf gut werden brauchen können – Unbeeinflussbarkeit, Dickköpfigkeit und Eigensinn. Super.

Deswegen werde ich hier, heute, zu diesem feierlichen Anlass, auch auf weiteres Kopfwiegen und Mahnen und Zweifeln verzichten. Und stattdessen lieber über was anderes reden. Über Bienen und Blumen. Und das kommt so.

Lieblingsmoment

Ich mach jetzt seit über 10 Jahren die Schreibwerkstatt an der FH. Wieviele Gruppen ich schon kennengelernt hab, weiß ich nicht genau, alle waren ein bisschen anders. Manche Runden kecker, manche nachdenklicher, die einen leichter zugänglich, andere zurückhaltender. Aber jedes Mal in diesem Kurs gibt es einen Lieblingsmoment. Wenn ich sage: So, jetzt gehen wir raus, Geschichten suchen. Und alle mich kurz mit großen, schreckgeweiteten Augen anschauen, im Sinn von: Wie jetzt, raus? Auf die Straße? Einfach so?

Dem kurzen Schreck folgen mindestens ein Dutzend bange Fragen: Wo genau sollen wir denn hin? Was genau sollen wir draußen denn machen? Muss man da nicht erst was recherchieren? Tut man sich denn nicht leichter, wenn man vorher weiß, was man sucht? Man kann doch nicht einfach so Leute ansprechen? Was soll ich ihnen denn sagen, wer ich bin, und warum ich das tue? Was muss ich mitnehmen? Und wer passt derweil auf meinen Laptop auf?

Ich kenn das gut, diesen inneren Widerstand, den man immer überwinden muss, ehe man sich aussetzt. Ich kenn das sehr gut von mir selbst. Jeder Journalist, jede Journalistin kennt das. Nein, es ist keine Faulheit – obwohls manchmal zum Verwechseln ähnlich ausschaut. Es ist eher eine menschliche Grundscheu vor dem Neuen, Unbekannten.

Wahrscheinlich könnte man sagen: Das ständige – absichtliche, antrainierte – Überwinden dieser Scheu ist der Kern unseres Berufs.

Verstecken hinter dem Monitor

Jetzt ist es halt nur leider so, dass wir uns eine ganze Menge Tricks ausgedacht und Dinge zugelegt haben, um diesen Überwindungsmoment hinauszuzögern. Computer und Smartphones zum Beispiel. Bildschirme sind wunderbare Orte, um sich zu verstecken. Man fühlt sich dort beschützt und sicher. Solange wir einen Bildschirm anschauen können, müssen wir niemanden anderen anschauen, und solange uns der Bildschirm beschäftigt hält, haben wir 1000 dringende Ausreden, die uns vom Hinausgehen abhalten.

Wenn ich mich selber oder andere in dieser Situation erwische, sage ich dann mein Mantra. Es geht so: Eine neue Geschichte werde ich im Internet nicht finden. Denn alles, was dort drin steht, hat schon jemand anderer erzählt.

Dann, ein paar Stunden später, kommt der zweite Teil meines Lieblingsmoments. Wenn alle mit roten Wangen von draußen zurückkommen, von der Kälte oder von der Hitze, je nach Jahreszeit. Alle sind irgendwie aufgekratzt, aufgewühlt, voll Verwunderung über sich selber, und alle wollen reden. Echt arg, dort draußen. Voll seltsam. Ihr könnts euch nicht vorstellen, was ich erlebt hab.

Weil: Irgendwas erlebt man immer, draußen. Irgendwas, das es wert ist, erzählt zu werden.

Womit ich endlich bei den Bienen bin.

Als ich nämlich über diesen Glücksmoment nachgedacht hab, hatte ich plötzlich das Bild eines Bienenstocks vor den Augen, und es hat mich nicht mehr losgelassen: Wir wir, als Journalisten, alle ausschwärmen, jeder für sich, jeden Tag, getrieben nicht von einem schwer zu definierenden Instinkt, auf der Suche nach Stoff. Wie wir dann alle, mit vollgepackten Höschen, in den Stock zurückkommen und wie wild mit dem Popo wackeln, um den anderen zu berichten, was wir dort draußen alles gefunden haben. Und wie wir dann alle unsere tausenden verschiedenen Erlebnisse und Erfahrungen und Informationen und Details zusammentun, zusammenrühren und fleißig in rechteckige Waben packen, damit jemand anderer das Ergebenis unserer Arbeit bequem zum Frühstück konsumieren kann.

Bienen in Gefahr

So wunderbar ist unser Job. Und wir alle haben Momente erlebt, wo er genau so ist. Aber. Es ist halt nicht immer so. Den Bienen geht es schlecht – das wissen sie. Und ich will jetzt ein paar Gründe aufzählen, warum.

Erstens

Es hat uns jemand einen riesigen Kübel mit Industriezuckerwasser direkt vor den Eingang zum Bienenstock gestellt. Der ist so groß, dass man sich kaum dran vorbeizwängen kann. Dieser Kübel – das sind sind die ganzen vorgefertigten Geschichten drin, PR-Zeug, Auftragsstudien von Firmen, Lobbies, Interessengruppen, lauter teuer produzierte Textmassen. Wir wissen eigentlich, dass die nicht in unseren Honig gehören, wie Junk-Food, Instant-Fertignahrung. Wir wissen, dass es weder uns noch unseren Lesern und Leserinnen gut tut. Aber es ist halt so viel davon da. Und es schaut so gut aus. Und es macht so schnell satt. Und es steht halt so penetrant im Weg. Deswegen macht man sich halt manchmal nicht mehr die Mühe auszuweichen, und dran vorbeizufliegen, hinaus auf die Wiese, wo man eigentlich hinsollte. Sondern stopft sich einfach die Hosen voll und kehrt gleich wieder um.

Zweitens

Dieser Topf dampft auch. Sondert Stoffe ab, die benommen machen, wie Drogen. Das sind die ganzen Sprechblasen, die Worthülsen aus der PR, die Slogans aus der Werbung. Wenn man durch diese Wolke fliegt, wird man gleich seltsam müde und träge im Kopf. Man weiß zwar, dass man eigentlich seine eigene Sprache hat, und dass man nur an die frische Luft müsste, um sie wieder zu aktivieren. Aber man ist schon viel zu benebelt, und kann deswegen nur noch die Phrasen wiederholen, die grad in der Luft liegen.

Drittens

Im Bienenstock sind viel zu wenige Bienen. Ziemlich leer ist es hier geworden in den letzten Jahren, ziemlich viele sind hinausgeschmissen worden, und alle, die noch da sind, die letzten Strukturbienen quasi, fliegen hektisch herum und sind voll ausgelastet mit strukturerhaltenden Maßnahmen. Hier bauen, dort ausbessern, dort eine Lücke füllen, damit nicht alles zusammenbricht, Abenddienste und Wochenenenddienste, und ständig auch noch die Königin füttern – da hat niemand je eine ruhige Minute zum Verschnaufen. Und da soll man einzelne Bienen einfach hinaus auf die Wiese schwärmen lassen? Das dauert doch ewig! Wer weiß, wann die wieder zurückkommen, und ob das überhaupt was bringt! Wer soll denn all die Dienste machen in der Zwischenzeit? Also fliegt kaum eine mehr.

Viertens

Eigentlich hat man ja auch noch die freien Bienen. Die nicht fix zum Bienenvolk gehören. Die sollen, so war die Idee, ausschwärmen, Geschichten herbeitragen, und den Sturkturbienen überreichen. Aber das Problem ist: Die freien Bienen kriegen kaum etwas dafür. Man bezahlt sie zu wenig, und man bezahlt sie falsch. Sie kriegen nicht mehr, wenn sie besonders weit fliegen, in besonders wilde Gegenden, und von dort ganz besonders aromatisches Zeug mitbringen. Nein, sie werden nach Masse bezahlt. Nach Zeile. Danach, dass sie möglichst schnell möglichst viele Waben vollmachen, egal womit. Und dann ist es halt kein Wunder, dass auch sie nur bis zum Industriezuckerwasserkübel fliegen. Man muss schließlich kühl kalkulieren als Freiberuflerin. Kann ich Ihnen leider bestätigen: Kommentieren, flotte Essays, das geht sich aus als Freie. Lang recherchieren, für Reportagen wegfahren, das rechnet sich einfach nicht.

Fünftens

Selbst die wenigen, die trotz allem ausschwärmen, lassen wir nicht richtig. Korrespondenten kennen das: Man ist irgendwo, aber man kann sich gar nicht richtig drauf einlassen, weil man in jeder Minute damit beschäftigt ist, den Stock daheim bei Laune zu halten. Über jeden Schritt, den man macht, muss man ein Video drehen, bloggen und twittern in Echtzeit. "Alle Kanäle bedienen", heißt das. Man kann es auch so sagen: Man kommt gar nicht mehr dazu, etwas Berichtenswertes zu erleben, weil man von früh bis spät mit Berichten beschäftigt ist.

Ja, und wozu führt das im Stock? Dass da kaum mehr neuer Stoff von draußen reinkommt. Alle schwirren ständig im Kreis, umeinander herum, jeder versucht abzuchecken, was der andere grad mit sich herumträgt, aber im Prinzip geht ständig dasselbe Zeug von Hand zu Hand (oder, um bei den Bienen zu bleiben: von Höschen zu Höschen). Jeder holt das, was ein anderer grad in die Wabe gefüllt hat, wieder raus, mischt was anderes dazu, rührt um, und füllts in die nächste Wabe um. Das ist ziemlich anstrengend. Soviel zu schleppen die ganze Zeit! Soviel zu verarbeiten! Soviel worüber man sich aufregen kann! Es dröhnt und summt und surrt alles gewaltig, man könnte beinahe verrückt werden. Aber draußen, auf der Wiese, auf den vielen riesigen, verschiedenen Wiesen, wo das wirkliche Leben stattfindet, ist es gleichzeitig wild und leer.

So, und warum erzähl ich das alles Ihnen? Weil ich glaube, dass es den Ausweg aus den ganzen Sinkrisen unserer Branche weist. Denn eine leere Wiese – wie geil ist das denn! Wieviel muss es dort Neues zu finden und zu erzählen geben! Wir müssen bloß genau das wieder tun. Es uns gegenseitig ermöglichen. Wir müssen uns befreien von den Umständen und Produktionsbedingungen und Ausreden, die uns jeden Tag davon abhalten.

Praktisch gesprochen: Weil Neues finden und erzählen unser Job ist. Das haben wir gelernt und trainiert. Das können wir besser als alle anderen.

Pathetisch gesprochen: Weil Neues finden und erzählen unser Beitrag zur Aufklärung ist. Zur Demokratie.

Und jetzt komm ich zum hoffnungsvollen Teil, zu Ihnen. Den künftigen Journalisten und Journalistinnen des Landes. Ich glaube nämlich, dass Sie das hinkriegen werden. Ich lerne ja immer einen zufälligen Querschnitt der jeweiligen Jahrgänge kennen, und dabei fallen mir über die Jahre Besonderheiten, Veränderungen auf, die mich – auch im Vergleich zu unserer Journalistengeneration – sehr zuversichtlich stimmen.

Die guten Seiten

Hier ein paar Beobachtungen, ohne Anspruch auf wissenschaftliche Haltbarkeit:

1. Ich bemerke ein großes Ausmaß an Selbstreflexion. Was mache ich als Journalist, als Journalistin? Darf ich das? Welche Auswirkungen hat es, wem nütze ich, wem schade ich? Und für wen tue ich das alles überhaupt? Ich weiß nicht, von wem Sie das gelernt haben (auf der FH?), aber: Was berufsethische Fragen betrifft, legen Sie unserer Generation einiges vor.

2. Ich bemerke ein großes Ausmaß an Sensibilität. Das zeigt sich schon an der Frage, wie man Menschen gegenübertritt, über die man berichten will. Werden die das wollen? Wie werden sie sich dabei fühlen? Wird ihnen nachher gefallen, was ich über sie berichte? Oder werden sie böse sein, sich missverstanden fühlen? Ich versuche das manchmal gegenzuschneiden mit den rauen Sitten der Lokalreporter, die ich als Jungeredakteurin noch mitangeschaut habe – man nannte sie "Witwenschüttler". Nein, in dieser Rolle kann ich mir Sie beim besten Willen nicht vorstellen. So wenig, dass ich manchmal sogar daran erinnern muss: Ihr schreibt nicht für die Menschen, über die ihr schreibt. Sondern für eure Leserinnen und Leser.

3. Damit verwandt, bemerke ich ein starkes Bedürfnis nach Feedback. Anfangs habe ich ja nicht recht glauben können, dass das ehrlich gemeint ist – dass sich jemand Kritik wünscht, um daraus zu lernen. Mir scheint, das verrät einen fundamentalen gesellschaftlichen Mentalitätswandel. Was Ihre Generation von wahrscheinlich allen vorhergehenden unterscheidet, ist: Dass man es von klein auf "Feedback" genannt hat, statt "Kritik"; dass man von klein auf gelernt hat, es konstruktiv zu formulieren und damit umzugehen; dass man nicht immer gleich beleidigt ist. Dass man nicht um jeden Preis Recht behalten will. Dieser Lernprozess wurde vermutlich durch die sozialen Medien mitgeformt, wo man grundsätzlich davon ausgeht, dass der Schwarm schlauer ist als das Individuum.

4. Ich bemerke viel "Ich" in den Geschichten heute. Kaum ein Text kommt ohne dieses Wort aus. Seltsamenweise klingt dieses "Ich" jedoch ganz anders als früher. Früher hatte es einen arroganten, anmaßenden Ton, im Sinn von: Ich erklär euch die Welt, den ich steh über den Dingen. Das "Ich" hingegen, dem man heute begegnet, klingt anders. Es ist eher ein Bescheidenheits-Ich, im Sinn von: Ich kann doch nicht sagen, wie etwas IST. Ich kann doch nur sagen, wie ich MEINE, dass es ist. Vielleicht nimmt es jemand anderer ja ganz anders wahr. (Wie meine Lieblingsliedermacher Pigor&Eichhorn sagen: "Ich mein, ich mein ja nur.")

Generell kann man, meine ich, sagen: Sie sind eine soziale Journalistengeneration. Auf Beziehung, Bindung, Austausch, Rückmeldungen hin orientiert. Sicher ist: Die Zeit der Predigten ist zu Ende. Es ist niemand mehr da, der sie hält, und niemand mehr, der sie sich anhören würde.

Das ist gut so.

Aber ich muss, ehe es zu kitschig wird, noch ein ABER anfügen. Man kann nämlich beim Auf-die-anderen-hören auch übertreiben. Und ich fürchte, das tun wir bereits – und zwar nicht nur Sie als Nachwuchsgeneration, sondern wir alle.

Feedback-Maschinen

Erwischen Sie sich auch manchmal dabei, dass Sie beim Nachdenken schon vorausdenken, wie der Gedanke, der sich eben erst im Kopf zu formen beginnt, bei anderen ankommen wird? Wen wird es aufregen, wer wird sich kränken, wer wird widersprechen, und wer aller applaudieren? Ich muss ehrlich sagen: Ich habe es vor ein paar Jahren an mir bemerkt, und bin erschrocken. Wenn man sich ehrlich beobachtet, merkt man auch, wie sehr sich dieser Effekt verstärkt, je mehr man sich den Feedback-Maschinen aussetzt – den Forenpostings, Likes, Clickraten, Twitter. Und leider ist es ganz offensichtlich, dass auch in der Verlagshäusern das Ausmaß der Aufmerksamkeit, die man erregt, zum Maßstab dafür wird, wie viel die eigene Arbeit wert ist.

Man muss schon sehr stark, sehr gefestigt sein, damit einen das alles unbeeindruckt lässt. Man muss schon sehr in sich ruhen, um eine warme Dusche der Zustimmung nicht als wohltuend zu empfinden, einen Shitstorm nicht als angsteinflößend.

Was aber macht das mit unseren Geschichten, wenn wir beim Schreiben immer schon dran überlegen, wie sie ankommen werden? Wenn wir während der Recherche schon an die Belohnung denken?

Ich meine, dass es den Geschichten nicht guttut. Ich meine, dass viele Gedanken, die mittelfristig wichtig sind, nicht zu Ende gedacht werden, weil sie wir beim ersten reflexhaften Widerspruch schon zurückschrecken und uns selbst verbieten, sie weiterzuverfolgen. Ich fürchte, dass es uns ängstlich macht.

Reaktionen

Und, um auf unser Eingangsmotiv vom Bienenstock zurückzukommen: Ich fürchte, dass es uns noch mehr zögern lässt, hinauszufliegen ins Unbekannte. Es ist doch so: Bei Recycling-Geschichten, bei Instant-Argumenten, die ich schon kenne und einordnen kann, sind die Reaktionen berechenbar. Ein paar Reizwörter reichen in der Regel, um meinen Standpunkt zu markieren; und aus den vielen Feedbackschleifen weiß ich bereits, welche Assoziationsketten diese Wörter bei Lesern und Leserinnen, je nach Publikum unterschiedlich, in Gang setzen. Ich muss nur "Ausländerkriminalität" oder "Gettoschule" oder "Genderwahn" oder "Hassprediger" schreiben, die Waben füllen sich ganz von selber, die Reaktionen sind mir gewiss, Überraschungen ausgeschlossen.

Wenn ich hingegen – und jetzt bin ich wieder ein Biene – hinausfliege und nachschaue, was in die Schulen, in den Gefängnissen, an den Standsämtern und in den Moscheen tatsächlich passiert, muss ich damit rechnen, überrumpelt zu werden. Etwas zu erleben, von dem ich noch nicht weiß, wie es ankommen, wem es gefallen wird, und in welche Wabe es hineinpasst.

Wenn ich mir etwas wünschen dürfte an diesem Tag, wenn ich mit etwas wünschen darf als Zeitungsleserin und Radiohörerin: Tun Sie das. Tun Sie das öfter und unerschrockener und konsequenter als wir etablierten Journalisten das derzeit tun. Nehmen Sie nicht zuviel Rücksicht. Denken Sie nicht zuviel an den Applaus. Und haben Sie vor nichts und niemandem Angst.

Ich glaube, Sie kriegen das hin.

Dankeschön." (red, 14.10.2015)