Smaragdgrün leuchtet die Meeresstraße von Malakka vor der malaiischen Halbinsel. Am Horizont taucht eine sanfte Hügellandschaft hinter dem Wolkenvorhang auf, der sich über die fast 14 Kilometer lange Brücke nach Penang gelegt hat.

Rund eine Million Menschen lebt auf dieser 292 Quadratkilometer großen Insel mit der Hauptstadt George Town. Die Gründung geht zurück auf den britischen Kapitän Francis Light, der die Stadt im Jahr 1786 als Außenposten der Ostindienkompanie im heutigen Malaysia gründete.

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Das Kolonialerbe ist bis heute überraschend intakt: Die Straßen haben Namen wie Jalan Buckingham oder Lebuh Dickens, alte Herrenhäuser werden von anglikanischen Kirchen flankiert, und das 1902 erbaute Rathaus schaut so frisch getüncht aus, als wäre Großbritannien noch eine Weltmacht. Irgendwie scheint hier die Zeit stehengeblieben zu sein, man hat den Eindruck, als könne man mitten durch das späte viktorianische Zeitalter spazieren.

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Als britische Kronkolonie war Penang bereits im 19. Jahrhundert wichtiger Handelsplatz – mit den Briten kamen die Chinesen, einige unter ihnen brachten es als Händler und Unternehmer zu Reichtum. Die chinesischen Clans errichteten bald ebenso elegante Herrenhäuser wie die Briten – etwa die Blue Mansion. Dieses Anwesen mit der indigofarbenen Fassade wurde für den chinesischen Tycoon Cheong Fatt Tze erbaut, oft der "Rockefeller des Ostens" genannt. Heute ist sein Haus Boutiquehotel.

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Am Yap-Kongsi-Tempel, der für den gleichnamigen Clan errichtet wurde und baulich an eine pistazienfarbene Kolonialvilla anschließt, lässt sich der für Penang typische Architekturmix gut ablesen: eine interessante Balance zwischen chinesischer Tradition und westlichem Klassizismus.

Welterbe seit 2008

George Town erinnert noch an das alte Singapur, bevor dort traditionelle Bauten Shoppingmalls und Hochhäusern weichen mussten. Das ist Penang erspart geblieben, die Altstadt wurde 2008 zum Welterbe erklärt, und die Stadtverwaltung gibt sich seither redlich Mühe, dieses zu bewahren.

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Foto: REUTERS/David Loh

Penang ist auch ein Schmelztiegel verschiedener Kulturen und Religionen: Prachtvolle Moscheen stehen neben hinduistischen und buddhistischen Tempeln sowie christlichen Kirchen. Während Malaysia insgesamt als zunehmend autoritär geführter Staat gilt, geht es auf der kleinen Inseln vergleichsweise liberal zu.

Morbider Charme

Künstler aus aller Welt haben Penangs Hauswände für ihre Street-Art benutzt. Die Werke haben bisweilen einen morbiden Charme, weil an vielen Fassaden der Putz abblättert. Derlei Kunstwerke werden von der Lokalregierung aktiv gefördert. Der litauische Künstler Ernest Zacharevic etwa wurde mit der Gestaltung einiger Wände in George Town beauftragt.

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Zacharevic, der mittlerweile auf Penang lebt, beobachtet gerne genau das Leben auf der Straße – etwa zwei Kinder dabei, wie sie auf einem Fahrrad sitzen. Er malte die beiden auf eine Hauswand und stellte ein echtes Fahrrad dazu. Von weitem sieht es so aus, als würden die Kinder tatsächlich auf dem Rad sitzen. Von diesen Installationen gibt es viele in George Town.

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Die Insel ist aber nicht nur für Street-Art, sondern auch für Street-Food bekannt. Der Restaurantkritiker John Brunton bezeichnete die Garküchen Penangs im "Guardian" einmal als die besten Asiens. Der Nachtmarkt am Gurney Drive bietet sich an, an nur einem Ort die Vielfalt dieser Straßenküche zu erfahren: exzellentes Satay, gegrillte Fleischspießchen mit Erdnusssauce und süß-sauer eingelegten Chilis, wird dort ebenso angeboten wie Hainan chicken rice, zartes Hendl auf Reis mit Frühlingszwiebeln, Koriander und Gurkenscheiben – und natürlich Char kway teow, im Wok zubereitete Reisnudeln, ein Klassiker vieler Garküchen. Ursprünglich ein Armeleuteessen, das Arbeiter, Bauern und Muschelsucher sattmachen sollte, gilt es heute als eines der malaiischen Nationalgerichte.

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Penangs Garküchen sind ein appetitliches Kaleidoskop der verschiedenen Kulturen, die dort leben. Rund um einen einfachen Eisentiegel auf glühenden Kohlen mit ein paar Plastikschemeln davor treffen diese auch tatsächlich aufeinander. Malaien, Inder und Chinesen, egal, ober jung oder alt – beim unkomplizierten Essen aus Bananenblättern kommen die Leut' zam. (Adrian Lobe, Rondo, 16.10.2015)