Wien – Bei schwerkranken Intensivpatienten kann es zu einer Entzündungsreaktion – ähnlich einer Sepsis – kommen, ohne dass eine Infektion vorliegt. Wiener Wissenschafter haben möglicherweise einen Hinweis für die Ursache gefunden: Demnach ist dafür eine Immunreaktion via Toll-like-Rezeptoren verantwortlich.

"Zumindest jeder zweite Intensivpatient zeigt ein 'Systematic Inflammatory Response Syndrome' (SIRS)", heißt es von Seiten der MedUni Wien. Laut den Wissenschaftern der Universitätsklinik für Innere Medizin II im Wiener AKH könnte die Immunreaktion über die sogenannten Toll-like-Rezeptoren vom Untertyp 9 (TLR9) auf Immunzellen vermittelt werden.

Diese "riechen" sozusagen Antigene von Krankheitserregern und kurbeln die Immunantwort an. Im Falle der Entzündungsreaktion von schwerkranken Intensivpatienten könnte die Ursache darin liegen, dass die TLR9-Strukturen vermehrt mit Abbauprodukten von abgestorbenen Zellen, etwa der Erbsubstanz der mit ihnen zugrunde gegangenen Mitochondrien ("Zell-Kraftwerke"), konfrontiert sind.

Mitochondriale DNA als Ursache

Es gibt möglicherweise eine Erklärung, warum die an sich für die Abwehr von Viren wichtigen Rezeptoren auf die Mitochondrien-DNA "anspringen": "Mitochondrien, die etwa nach einem Kreislaufversagen oder Herzstillstand in das Blut gelangen, werden vom Immunsystem mit Bakterien verwechselt und bekämpft", sagen die Forscher der MedUni Wien.

"Wenn Patienten mit Schock und Organschädigung vermehrt mitochondriale DNA freisetzen und diese an spezielle signalübertragende Moleküle, die TLR9-Rezeptoren, binden, steigt das Risiko für Organversagen und sinkt die Chance die Erkrankung zu überleben", erklärt Walter Speidl von der Universitätsklinik für Innere Medizin II.

In die Studie, die jetzt in "Critical Care Medicine" veröffentlicht worden ist, flossen die Daten von 233 Patienten der Kardiologen im Wiener AKH ein. Die Forscher wollen nun herausfinden, ob es durch Hemmung der TLR9-Rezeptoren gelingen kann, diese "Schein-Sepsis" zu unterbinden. (APA, 13.10.2015)