Den Verlust des Bezirksvorstehers in Simmering nannte Häupl "inakzeptabel". Um mit Bürgern mehr in Kontakt zu treten, will er "Grätzel"-Vertrauenspersonen installieren.

Foto: Matthias Cremer

Wien – Die SPÖ und die FPÖ haben doch etwas gemeinsam, wenn es nach Wiens Bürgermeister Michael Häupl geht: Beide Parteien konnten einige ihrer Wahlziele am Sonntag nicht erreichen. "Strache wollte Bürgermeister werden. Das war nix. Und wir wollten die Absolute. Das war auch nix."

Mit einem Minus von rund fünf Prozentpunkten bei der Gemeinderatswahl muss sich Häupl auf die Suche nach einem neuen Koalitionspartner machen. Dank des mehrheitsfördernden Wahlrechts in Wien erreichte die SPÖ mit 39,5 Prozent der Stimmen vorläufig 44 Mandate. Für eine stabil abgesicherte Zweierkoalition kämen als Partner einzig die Grünen infrage. Rot-Grün II wäre (vor Auszählung der Wahlkarten) mit 53 Mandaten abgesichert, Rot-Schwarz käme nur auf 51 von 100.

"Ich kann addieren", sagte Häupl am Montag nach den Sitzungen der roten Parteigremien im Rathaus. Auf eine Präferenz wollte er sich nicht festlegen. Es gelte aber weiterhin seine Feststellung, dass er mit den Grünen lieber über Verkehrsthemen streite "als mit den Schwarzen über Bildungsthemen". Noch diese Woche werde Häupl mit Vertretern der vier Parteien im Gemeinderat Gespräche führen. In der danach folgenden Sitzung mit dem SPÖ-Landesparteivorstand werde festgelegt, mit welcher Partei man in Regierungsverhandlungen treten werde. "Wir werden nicht trödeln können", sagte Häupl.

Simmering "inakzeptabel"

Am Montag beschäftigte sich die SPÖ aber auch mit sich selbst. Thema waren die großen SPÖ-Verluste in den Flächenbezirken wie Simmering oder Floridsdorf, die fast vollständig von der FPÖ aufgesaugt werden konnten. Der erstmalige Verlust des Bezirksvorstehers in Simmering an die Freiheitlichen sei eine "inakzeptable Situation", sagte Häupl. Die SPÖ arbeite an der Rückeroberung. "Spezialprogramme" sollen dabei helfen.

Konkret fordert Häupl von den Genossen in den Bezirken mehr direkten Kontakt mit den Bürgern. Er will "Grätzel"-Vertrauenspersonen installieren, die vor allem eines tun sollen: zuhören und bei Problemen helfen. Auf die sozialen Leistungen der Stadt müsse besser hingewiesen werden.

Für die künftige Regierung kann sich Häupl vorstellen, die Einteilung der Geschäftsgruppen zu ändern. Der Wissenschaft etwa dürfte mehr Stellenwert beigemessen werden. Mehr als die aktuell zwölf Stadtratsposten soll es künftig aber nicht geben. Personalia wollte Häupl nicht kommentieren. Wohnbaustadtrat Michael Ludwig (SPÖ) könnte aber durch die schwachen Ergebnissen in den Flächenbezirken an Einfluss verlieren.

Der Wechsel an der ÖVP-Spitze – der bisherige ÖVP-Generalsekretär Gernot Blümel folgte am Montag Manfred Juraczka nach – dürfte auf die kommenden Gespräche Häupls mit den Parteienvertretern Auswirkungen haben. Gibt es mit Blümel in der Asylfrage einen Rechtsruck, dürfte das die Position der Grünen noch verbessern.

Niessl mit Seitenhieb Richtung Häupl

Einen kleinen Seitenhieb konnte sich Häupls Parteikollege Hans Niessl nicht verkneifen. Dieser gratulierte zwar am Wahlabend artig. Tags darauf, nach dem Landesparteivorstand, klang der burgenländische Landeshauptmann dann schon eine Spur differenzierter. Erstens nämlich: "Wir sind mit knapp 42 Prozent weiterhin die stärkste SP-Landesgruppe." Und abgesehen davon, dass man aus den heurigen vier Wahlgängen als überhaupt stärkste Landespartei hervorgegangen sei, mittlerweile nach Pröll in Niederösterreich die zweitstärkste Landespartei sei, sollte auch nicht vergessen werden: "Im Burgenland hat die SPÖ zur FPÖ einen Abstand von 27 Prozentpunkten, nicht acht wie in Wien." (David Krutzler, Wolfgang Weisgram, 12.10.2015)