Heinz Hollerweger, Jahrgang 1953, ist seit April 2014 Chef der quattro GmbH.

Foto: Quattro GmbH

Der R8 ist das Aushängeschild der quattro GmbH. 2014 wurden rund 15.000 R und RS verkauft, heuer werden es nochmal deutlich mehr.

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Heinz Hollerweger tauscht den Schreibtisch nur allzu gerne gegen das Cockpit und fährt die quattros selbst auf der Rund- und Teststrecke.

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Sie ist die sportliche Speerspitze von Audi, die quattro GmbH. Wie M bei BMW und AMG bei Mercedes. Ihre Strahlkraft trägt enorm zur Emotionalisierung der Marke bei. Aushängeschild ist der Supersportler R8, die anderen Hochleistungstypen sind von Großserienfahrzeugen abgeleitet und heißen RS 7 Sportback, RS 6 Avant, RS Q3 und, jüngster Beitrag, RS 3 Sportback. Der Laden brummt wie nur was, die Daumenpeilung, dass etwa ein Prozent des Audi-Gesamtabsatzes auf R und RS kommt, ist weiterhin gültig, und das heißt, der 2014-Rekord von rund 15.000 Autos wird heuer deutlich getoppt werden, sofern Audi die Auslieferungen nicht mit sofortiger Wirkung einstellt. Die 900 Mitarbeiter verteilen sich auf den Produktions- und Entwicklungsstandort Neckarsulm und Ingolstadt (Finanz, Vertrieb), und in Neuburg unweit Ingolstadt geht es unter anderem um den Kundensport.

Chef der quattro GmbH, man könnte ihn auch als Herrn des Sahnehäubchens bezeichnen (nein, das bezieht sich nicht auf sein Haupthaar), ist Heinz Hollerweger, ein Sympathiker und Charismatiker wie gentechnisch konstruiert für den Posten, von 2005 bis '14 war er übrigens Leiter Entwicklung Gesamtfahrzeug bei Audi. Wenn er sich was wünschen dürfte, dann "eine Mannschaft, die einfach Spaß an der Arbeit hat", doch das dürfte eh schon der Fall sein. Produktseitig "bin ich mit dem R8 wirklich glücklich. Aber wenn Sie mich ganz persönlich fragen: Ein geiles E-Bike, wie wir's am Wörthersee vorgestellt haben, das wär' noch was".

E-Mobilität

So persönlich wollten wir bei der IAA dann gar nicht fragen. Aber Elektromobilität spielt schon ein Thema, nämlich in Form des R8 e-tron. Der Konzern ist wild entschlossen, diesen auch als Organspender für weitere Serienfahrzeuge zu verwenden, die Studien Porsche Mission E und Audi e-tron quattro deuten an, in welche Richtung diese Reise geht. Der Ökorenner ist allerdings eine Kooperation, "da wir in der quattro GmbH noch nicht so viele Elektrikspezialisten haben, läuft der Großteil der Entwicklung in der Audi AG".

Ob E-Mobile ein quattro-Kampffeld werden? "Da muss man differenzieren. Der R8 ist in vielen Dingen unsere Produktikone. Da kann man verschiedene technische Wege in kleinen Stückzahlen versuchen. In anderen Klassen wird es auch eine Elektrifizierung geben, aber das heißt nicht, dass es zu jedem RS-Modell eine dazugehörige batterieelektrische Variante geben wird; eher nicht." Was von den avisierten 500 km Reichweite bei sportlicher Fahrweise überbleibe, hänge – wie beim Verbrennungsmotor – sehr stark von der Fahrweise ab. Im selben Schwankungsbereich, mindestens Faktor 2, verhalte sich das auch bei der E-Reichweite.

48 Volt

Apropos Elektrifizierung: Die quattro GmbH lanciert in zwei, drei Jahren den elektrischer Turbolader. Hollerweger sieht den als einen nächsten Entwicklungsschritt, "um untenrum mehr Drehmoment ohne das bekannte Turboloch zu generieren". Größte technische Hürde dabei sei die Umstellung auf ein 48-Volt-Bordnetz, das sich dann aber in High-Performance-Fahrzeugen durchsetzen werde.

Ein Lückenschluss zwischen R8 und dem nächsten TT RS nach Strickmuster AMG (SLS/AMG GT) ist offenbar nicht geplant, zumal der neue TT RS mit um die 400 PS Leistung nur mehr wenig Luft lasse zu einem leistungsmäßig etwas abgespeckten Einstiegs-R8. SUVs hingegen, habe sich am Beispiel RS Q3 gezeigt, seien durchaus kompatibel mit der Philosophie des Hauses. Nach Anlaufschwierigkeiten "verkauft er sich mittlerweile saugut", der RS Q3 verbucht eine enorm hohe Rate am Q3-Gesamtvolumen. Den Umstand, dass er derzeit ein rein europäisches Phänomen sei, werde man ändern, außerdem müsse es nicht zwangsläufig beim Q3 bleiben. Im Klartext: Es kommen weitere RS-SUVs. Im Klartext auch: Das dient einer bevorstehenden RS-Offensive in den USA (und China), wo man derzeit nur mit dem RS 7 präsent ist und mit Produkten nachlegen will, 2016 schon.

Motorfreaks

Ob es mit der Hereinnahme von Porsche in den VW-Konzern einfacher oder schwieriger geworden sei, mit so vielen sportlichen Fahrzeugen in direkter Konkurrenz? Da hätten sich, sinniert Hollerweger, viele Tore aufgetan. Man tausche sich aus und könne "über Dinge reden, die früher nicht möglich gewesen wären". Man verstehe sich gut (O-Ton: "Mir vastengan uns guat"), viele Porscheaner seien Ex-Audi-Mitarbeiter, und dass sie alle Motorfreaks seien, verbinde auch. Im Markt und auf der Rennstrecke, Le Mans etwa, duelliere man sich natürlich, klar. "Aber das ist ja das Schöne am Sport: Nachher trinkt man ein Bier miteinander."

War sonst noch was? Ja: Ganz klares Bekenntnis zum 5-Zylinder, den es nur mehr bei Audi gibt. "Es gibt keine Bestrebungen, den verschwinden zu lassen, im Gegenteil. Sie werden in der nächsten Zeit eine deutliche Weiterentwicklung sehen." Und nein, autonomes Fahren wird nie ein RS-Positionierungsmerkmal. Hollerweger sei Dank. (Andreas Stockinger, 17.10.2015)