Der Regen hat zunächst die Schuhe der Flüchtlinge durchnässt, dann die Kleidung. Er fällt hörbar laut auf die Zelte in dem kroatischen Flüchtlingslager Opatovac. Auch die Polizisten tragen Regenponchos. "Stehen bleiben! Hierher! Stopp jetzt!", rufen sie den Flüchtlingen zu, um sie gruppenweise in die Busse zu dirigieren, die sie aus diesem Lager, das fast im Schlamm versinkt, wegzubringen – nach Ungarn. Trotz Drohungen von ungarischer Seite, die Grenze auch zu Kroatien dichtzumachen, ist dies nicht passiert.

Nach Opatovac im ostkroatischen Syrmien, ganz in der Nähe der Donau und rund 20 Kilometer von der serbischen Grenze entfernt, werden täglich tausende Flüchtlinge mit Bussen gebracht. Seit der Herbst und der Regen begonnen haben, hat die kroatische Regierung ein Aufnahmezentrum gebaut: Es warten heißer Tee, riesige grüne Zelte, Toiletten und ein wenig herrische, aber effizient organisierte Beamte. Sie registrieren alle Flüchtlinge namentlich. Nur Journalisten sind hier nicht erbeten, ohne Erlaubnis wird man sofort wegeskortiert.

Auch die junge Britin, die mit einer Flüchtlingsfamilie aus Griechenland hierhergereist ist – sie will ihre Doktorarbeit zu dem Thema schreiben -, darf nicht ins Lager. "Die haben mir gesagt, ich sei illegal eingereist und dass ich gegen die kroatischen Gesetze verstoßen habe. Ich sollte eigentlich verhaftet werden. Dann haben sie mich aber weggeschickt", erzählt die junge Frau. In der Flüchtlingskrise kommt es immer wieder zu solchen grotesken Szenen: Einer Britin wird Strafverfolgung angedroht, weil sie illegal die Grenze übertritt, während dies zehntausende Flüchtlinge Tag für Tag tun.

Reger Busverkehr in Syrmien

Eigentlich ist in Kroatien nur ein winziger Teil, nämlich das Grenzstück bei Serbien von der Flüchtlingskrise betroffen. Und auch von hier werden die Flüchtlinge in Cazmatrans-Bussen rasch wieder weggebracht. Sie müssen auch nicht mehr zu Fuß zum Lager gehen, sondern werden abgeholt. Seit der Regen begonnen hat, sind deshalb in den Dörfern auch keine mehr zu sehen. Bis vor wenigen Tagen wurden noch viele von lokalen Leuten versorgt, haben Brot oder Wasser gekauft. Nun ist es kalt geworden – vielleicht sieben Grad hat es noch hier.

Vor der Bahnstation hinter der serbischen Grenze im kroatischen Tovarnik sitzen dutzende Polizisten in ihren Vans, die Köpfe an die angeschlagenen Scheiben gelehnt. Wenn der Zug einfährt, muss alles schnell gehen. Denn es kommen wieder mehr Flüchtlinge – täglich 10.000 nach Mazedonien. Würde man warten, wäre Opatovac binnen kürzester Zeit überfüllt. Seit 15. September sind 160.000 Menschen über die Balkanroute nach Kroatien gekommen. (Adelheid Wölfl aus Opatovac, 12.10.2015)