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Der Britte Angus Deaton erhält den Nobelpreis für Wirtschaft.

Foto: EPA/Larry Levanti

Stockholm – Der britische Ökonom Angus Deaton, der derzeit an der Princeton University in den USA lehrt, ist am Montag in Stockholm als Wirtschaftsnobelpreisträger des Jahres 2015 verkündet worden. Der 1945 in Edinburgh geborene Deaton studierte Ökonomie an der Cambridge University und promovierte dort 1974. 2009 wurde er zum Präsidenten der American Economic Association gewählt.

Deatons Forschungsinteressen sind Gesundheits- und Entwicklungsökonomie sowie die Befragung und das mikroökonomische Verhalten von Haushalten. Deaton erhält den Preis "für seine Analyse von Konsum, Armut und Wohlfahrt", sagte Göran Hansson, Generalsekretär der Nobel-Akademie. "Der diesjährige Preis handelt von Konsum im Großen und Kleinen." Um Politik so zu gestalten, dass sie für Wohlstand sorge und Armut senke, müsse man zunächst die individullen Konsumentscheidungen der Menschen verstehen, so Hansson in seiner Würdigung. Mehr als jeder andere habe Deaton zu diesem Verständnis beigetragen.

Deaton nutzte für seine Ergebnisse die Befragung von Haushalten in Entwicklungsländern. Mithilfe von Daten zu den Konsumausgaben habe er Lebensstandard und Armut berechnet, erklärte die Akademie.

Der Brite lehrt seit 30 Jahren in Princeton und hat einen herausragenden Ruf in der Wachstums- und der Glücksforschung. Eine der Fragen, die er stellte, lautet: Warum gibt es heute noch extreme Armut auf der Welt? Seine These: Es fehlt nicht am Geld, sondern daran, dass es sinnvoll eingesetzt wird.

Armutsbekämpfung auf dem falschen Weg

In seinem 2013 erschienen Buch "The Great Escape" unternimmt Deaton einen Streifzug durch die Menschheitsgeschichte von Wachstum und Gesundheit und stellt die Frage, wie Armut überhaupt entsteht und wie einige Leute reicher werden als andere. Er sieht die Menschheitsgeschichte als eine Flucht aus Armut und Krankheit. Dass die Reichen den Armen mehr Geld abgeben, könne die Probleme nicht beheben, glaubt Deaton. Deshalb sieht er die Armutsbekämpfung auf dem falschen Weg. Am wichtigsten sei, nicht im Weg zu stehen und die Armen sich selbst helfen zu lassen. Viel zu oft richte Entwicklungshilfe mehr Schaden an, als sie nutze. Den reichen Ländern habe schließlich auch niemand Vorschriften darüber gemacht, wie sie sich zu entwickeln hätten.

Konkret hieße das: Produkte aus Entwicklungsländern leichter ins Land, lassen, weniger Zölle erheben. Die Industrieländer könnten auch ihren Pharmafirmen Anreize geben, um wirksame Mittel gegen Armutskrankheiten wie Malaria und Tuberkulose zu entwickeln. Geld direkt in die armen Länder zu schicken sei der falsche Weg. Länder mit guter Politik könnten ihre Armut selbst bekämpfen, Ländern mit schlechter Politik helfe auch das Geld nicht.

Preis der Reichsbank

Die Auszeichnung geht, anders als die klassischen Nobelpreise, nicht auf das Testament von Alfred Nobel (1833–1896) zurück. Den Preis stiftete die schwedische Reichsbank erst 1968. Der auch wegen der nachträglichen Stiftung umstrittene Wirtschaftspreis wird von der Nobel-Stiftung offiziell nicht als Nobelpreis eingestuft. Er heißt daher "Preis der Reichsbank Schwedens für die ökonomische Wissenschaft zum Andenken an Alfred Nobel". Verliehen wird die mit acht Millionen schwedischen Kronen (rund 860.000 Euro) dotierte Auszeichnung gemeinsam mit den anderen Nobelpreisen am 10. Dezember, dem Todestag Nobels.

Die Vergabe des Preises an den Briten Deaton setzt eine mit dem Franzosen Jean Tirole im Vorjahr soeben erst begonnene Tradition fort. Denn zumeist geht der Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften an einen US-Forscher. (APA, rebu, 12.11.2015)