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Flüchtlinge stellen sich an, um in ein Aufnahmezentrum in Opatovac, Kroatien, zu kommen.

Foto: AP Fotograf: Darko Vojinovic

Die EU soll bald eine eigene Küstenwache zum Schutz der Außengrenzen bekommen, die über bisherige nationale Zusammenarbeit im Rahmen der Koordinierungsstelle Frontex weit hinausgeht. "Eine solche würde über mehr eigenes Personal, aber auch über mehr Budget verfügen" als Frontex selbst, bestätigte ein Experte dem STANDARD Vorschläge, die gerade für den EU-Gipfel der Staats- und Regierungschefs kommende Woche erarbeitet werden. Frankreich drängt sogar auf die Aufstellung eines gemeinsamen "Grenzschutzkorps", das EU-weit tätig sein könnte – ausgestattet mit transnationalen Kompetenzen.

Deutschland spricht sich für die Einrichtung einer eigenständigen EU-Küstenwache aus. Damit könne angesichts der Flüchtlingskrise die EU-Außengrenze besser geschützt werden, zitierte die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" in ihrer Samstags-Ausgabe den deutschen Innenminister Thomas de Maiziere.

Solidarbeitrag soll Stärkung der Außengrenzen finanzieren

Die EU überlegt laut einem Bericht der Süddeutschen Zeitung eine Abgabe einzuführen, mit deren Hilfe die Stärkung der Außengrenzen finanziert werden soll. Unter dem Titel "Solidarbeitrag" werde derzeit eine solche Maßnahme in der EU-Kommission diskutiert, heißt es.

Aufschlag auf Verbrauchssteuern

Es geht um die Frage, wie der Flüchtlingszuzug in die EU eingedämmt werden kann und wie der EU-Haushalt so weit aufgestockt werden kann, dass eine Stärkung der Außengrenzen in Italien, Griechenland, Spanien und Bulgarien finanzierbar wäre. Die Kommission denkt an eine zusätzliche Abgabe oder einen Aufschlag auf die Mineralölsteuer oder die Mehrwertsteuer, der als Solidarbeitrag an den EU-Haushalt überwiesen werden könnte. Am Rande der Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Lima sei ein solches Modell als mögliche Lösung bekannt geworden, heißt es.

Neben der Stärkung der Außengrenzen solle das zusätzliche Geld in sichere Drittstaaten fließen, um dort die Versorgung der Flüchtlinge zu unterstützen. Ein Teil könnte zudem für Maßnahmen in den Herkunftsländern der Flüchtlinge verwendet werden.

Deutschland dementiert

Die deutsche Bundesregierung hat die Einführung einer EU-Abgabe am Samstag dementiert.

Am kommenden Donnerstag treffen sich die EU-Staats- und Regierungschefs zu einem Gipfel in Brüssel, dort werden weitere Maßnahmen in der EU-Asylpolitik besprochen werden.

Hotspot auf Lesbos kommt

Der erste sogenannte Hotspot zur Registrierung der Flüchtlinge in Griechenland für eine spätere Verteilung auf andere EU-Staaten soll in den kommenden Tagen auf der Insel Lesbos den Betrieb aufnehmen. Das kündigte EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos nach politischen Gesprächen am Samstag in Athen an.

Hotspots (Registrierungszentren) sind auf den Inseln Lesbos, Chios, Samos, Leros und Kos geplant. Das Zentrum auf Lesbos ist fast fertig. Die anderen Hotspots sollen nach den Worten des griechischen stellvertretenden Ministers für Migration, Ioannis Mouzalas, binnen eines Monats funktionieren.

In Italien ist der erste Hotspot auf der Insel Lampedusa bereits eingerichtet, dort läuft die Erprobungsphase. Bis Ende November soll der Hotspot nach Angaben von Innenminister Angelino Alfano seinen regulären Betrieb aufnehmen. Weitere Hotspots sind in den Städten Pozzallo, Porto Empedocle, Trapani, Augusta und Taranto geplant, bis Jahresende sollen sie ebenfalls funktionieren.

Aktionsplan

Zudem sollen Griechenland und die Türkei in den kommenden Wochen einen Aktionsplan zur Bewältigung der Flüchtlingskrise in der Ägäis ausarbeiten, fügte Avramopoulos hinzu. Zuletzt rettete die griechische Küstenwache dort binnen 24 Stunden mehr als 1.100 Bootsflüchtlinge.

Die EU will insgesamt 160.000 Flüchtlinge aus den besonders stark betroffenen Ländern Griechenland und Italien auf andere Staaten verteilen. Die ersten Migranten wurden am Freitag von Italien nach Schweden gebracht.

Die Bedeutung der Hotspots hob auch der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn hervor, der Avramopoulos begleitete. "Wir müssen wissen, wer an unsere Tür klopft", sagte Asselborn. Wenn die Außengrenzen der EU nicht gesichert sind, dann werde "das Schengen-Abkommen binnen Wochen zusammenbrechen", fügte er hinzu. Luxemburg hat derzeit den EU-Ratsvorsitz inne.

Wann die ersten Flüchtlinge aus Griechenland in andere EU-Staaten gebracht werden, blieb zunächst unklar. Am Wochenende wollte sich der UNO-Flüchtlingshochkommissar Antonio Guterres auf Lesbos ein Bild von der Lage machen.

In den vergangenen Tagen war die Zahl der Flüchtlinge wegen des guten Wetters, das in der Region herrschte, deutlich gestiegen. Das Wetteramt warnte jedoch am Samstag vor einer schlagartigen Verschlechterung in den kommenden Stunden mit starken Winden in der gesamten Ägäis. (red, 10.10.2015)