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Gemeinsames Eröffnungswochenende für das Schauspielhaus und das Brut-Theater: Neointendanten Tomas Schweigen und Kira Kirsch.

Foto: APA/Roland Schlager

Wien – Ein King Kong mit gierigen Augen legt seinen kräftigen Arm um das Burgtheater. Eine Umarmung? Nicht sicher. Egal. Die Szene ist nur ein Plakat des neuen Wiener Schauspielhauses. Und weder Mensch noch Tier kommen zu Schaden, wenn Tomas Schweigen, dessen nunmehriger Direktor, seine hochfahrenden Pläne präsentiert: "An Selbstbewusstsein mangelt es uns nicht." Ende Oktober startet die Kellerbühne am Alsergrund zeitgleich mit dem ebenfalls neu von Kira Kirsch geleiteten Brut-Theater in eine frische Ära. Die Grafik der Performancebühne im Künstlerhaus setzt ihrerseits auf Fotografie (zum Auftakt: Maria Ziegelböck).

Zum Buhlen um das Publikum haben sich die zwei Chefs zusammengetan und ihre Programme gemeinsam präsentiert. In den Grundstrukturen überwiegend gleichbleibend, haben die Häuser doch Änderungen vorgenommen.

Der gravierendste Einschnitt ist gewiss der Verzicht auf den Konzerthauskeller als Spielstätte des Brut. Kirschs Konzept lag das verstärkte Ausschwärmen des Theaters in öffentliche Räume zugrunde. So hat man hohe Fixkosten abgestoßen und 100.000 Euro eingespart, die umgehend in höhere Mieten und Gehälter flössen. Die Fördersumme der Stadt beträgt weiter 1,6 Millionen Euro pro Jahr.

Punk, Tanz und Diskurs

Mit einem Kurzperformancemarathon, lehrreichen Autofahrten durch die Stadt sowie Party Ay startet das Brut am 30. Oktober. Zu den Künstlern der ersten Spielzeit gehören Namen wie das Hamburger Kollektiv geheimagentur, Ann Liv Young & Marino Formenti, oder Gin Müller / Barbara Kaiser / Tamara Wilhelm (Dr. Kawis Erforschung des Einstellungsinventars der Liebesstile) oder die Tänzer Michikazu Matsune und Ann Juren. Hinter dem Label Freundliche Mitte stecken Gerhild Steinbuch, Philine Rinnert und Sebastian Straub (Herr P der Finsternis).

Das Theater im Bahnhof setzt seine von Pia Hierzegger herzlich-gnadenlos moderierten Gespräche als Reihe fort: Zu Gast im Brut. Zu den internationalen Acts zählen Las Ideas von Federico León und Julian Webers Formen Formen. Auch das Musikprogramm kommt nicht zu kurz. Als "Urgestein" des Hauses findet weiterhin auch das Imagetanzfestival statt.

Tomas Schweigen kann zu seinen 1,915 Millionen Jahresförderung noch ein ererbtes Plus von 25.000 seines Vorgängers Andreas Beck zählen. Freude! Sein siebenköpfiges Ensemble (Simon Bauer, Vera von Gunten, Jesse Inman, Steffen Link, Sophia Löffler, Vassilissa Reznikoff, Sebastian Schindegger) stemmt einen Pulk an zeitgenössischen Texten: Zum Auftakt am 31. Oktober inszeniert Schweigen die Uraufführung Punk & Politik über die seltsame Karriere des Reykjavíker Bürgermeisters und Punk Jón Gnarr.

Es folgt die österreichische Erstaufführung von Chris Thorpes Möglicherweise gab es einen Zwischenfall. Bernhard Studlar schreibt Schnitzlers Groteske Der grüne Kakadu neu. Die Romanfassung von Christian Krachts Südseeausflug Imperium inszeniert Jan-Christoph Gockel. Drei weitere Uraufführungen: Strotter von Thomas Köck / Tomas Schweigen, Thomas Bo Nilssons Cellar Door sowie als Festwochen-Koproduktion Città del Vaticano von Falk Richter und Nir de Volff. Das Nachbarhaus bleibt als Spielstätte erhalten, ebenso die Autorenförderung in Zusammenarbeit mit uniT sowie das Hörspielhaus. (Margarete Affenzeller, 9.10.2015)