Wien – In einer idealen Welt sind Geräte langlebig. Sie sind so konstruiert, dass sie leicht repariert werden können oder dass Teile davon wieder weiterverwendet werden können. Auch sind sie so zusammengebaut, dass sie leicht in Einzelteile zerlegt werden können – und man aus den Rohstoffen etwas Neues machen kann.

Davon, und man kann dies täglich beobachten, ist unsere Gesellschaft weit entfernt. Dass Reparieren besser ist als Wegschmeißen, diese alte Wahrheit ist in Vergessenheit geraten. Stattdessen regiert die "geplante Obsolesenz" – argwöhnen viele kritische Beobachter: Die Geräte werden absichtlich schleißig gebaut, sodass sie bald ausgemustert werden müssen.

All diese Entwicklungen haben den Effekt, dass die Müllberge ansteigen, insbesondere beim Elektroschrott. Dieser ist zu der am schnellsten wachsenden Müllart avanciert. Große Weißware, etwa Waschmaschinen mit vielleicht nur kleinen Macken, landet auf Müllhalden oder im Schredder. Ausrangierte Elektronik wie Flachbild-TV-Schirme oder Computer werden – wiewohl dies illegal ist – "exportiert" und landen auf riesigen Müllhalden, häufig in Afrika, beispielsweise am Rande von Ghanas Hauptstadt Accra. Entsorgungsstandards dort: null.

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Der Wegwerfgesellschaft ein Schnippchen zu schlagen und benachteiligten Jugendlichen eine Jobperspektive zu bieten ist das Ziel des Reparatur- und Servicezentrums R.U.S.Z.

Der EU ist diese Entwicklung ein Dorn im Auge, erklärt jedenfalls Sepp Eisenriegler. Die Kommission will den Müllzuwachs verlangsamen, wenn nicht gar stoppen. Da das fachgerechte Reparieren oder In-Einzelteile-Zerlegen komplexer Geräte eine äußerst anspruchsvolle Tätigkeit ist, unterstützt die EU Projekte, die sich eine "circular economy" zum Ziel gesetzt haben.

Sepp Eisenriegler leitet einen Verein, der es sich seit vielen Jahren zur Aufgabe gemacht hat, der Wegwerfgesellschaft ein Schnippchen zu schlagen und gleichzeitig benachteiligten Jugendlichen und älteren arbeitslosen Menschen Arbeitsplätze und damit eine Beschäftigungsperspektive zu bieten. Im Reparatur- und Servicezentrum R.U.S.Z in Wien-Penzing werden ausrangierte Geräte zu frisch aufbereiteten, qualitativ hochwertigen Elektrogeräten verarbeitet. Die Ware wird in den Schauräumen des R.U.S.Z ausgestellt und dort weiterverkauft.

Nachfrage in der Wegwerfgesellschaft

"Nicht jeder kann sich alle paar Jahre ein neues Großgerät kaufen", erläutert Eisenriegler die Nachfrage. Das R.U.S.Z bezeichnet er als "privatwirtschaftlich geführtes Unternehmen der besonderen Art". Es ist nicht gewinnorientiert und will soziale und ökonomische Defizite ausgleichen.

Soziale Defizite: In dem Verein arbeiten derzeit 21 Leute, zum Beispiel Jugendliche mit "Ausbildungshemmnissen", ohne oder mit abgebrochener Lehre oder nichtbestandener Gesellenprüfung. Die Ausbildung im R.U.S.Z könne da als Berufsvorbereitungsmaßnahme gewertet werden, erläutert Eisenriegler. Die älteren Mitarbeiter sind häufig Langzeitarbeitslose und/oder Personen, die älter als 50 Jahre sind und damit am Arbeitsmarkt als schwer vermittelbar gelten. Der kleine Verein beschäftigt Mitarbeiter aus fünf Nationen. Mit dem Arbeitsmarktservice wird in allen Fällen eng zusammengearbeitet, auch was die Finanzierung der Löhne bzw. Entschädigungen betrifft.

Zweiter Lebenszyklus

Die ökonomischen Defizite, die sich das R.U.S.Z auszugleichen zum Ziel gesetzt hat, sind komplexer Natur. Gearbeitet wird mit Geräten, die in der Regel gespendet sind. Die Bereitschaft zu spenden, und so ein altes, unmodern gewordenes oder kaputtes Gerät zu entsorgen, ist groß. Doch hat Eisenriegler dabei beobachten können, dass viele ehemalige Besitzer erfreut darüber sind, wenn sie ihrem Altgerät einen weiteren Lebenszyklus, ein "secondhand life", verschaffen. Wenn eine Reparatur nicht möglich ist, wird sachgerecht zerteilt und entsorgt, die so gewonnenen Rohstoffe, beispielsweise Kupfer, werden weiterverkauft.

Mit diesem Geschäftsprofil bewegt sich der Verein in der Nähe dessen, was die EU in ihrer Abfallrahmenrichtlinie postuliert hat, nämlich dass Maßnahmen zur Förderung der Wiederverwendung von Produkten gesetzt werden sollen und dass dieser "'re-use' von Elektroaltgeräten" möglichst mit Bildungsprojekten einhergehen soll.

Denn der Umgang mit Elektroaltgeräten benötigt viel Fachwissen, für das es derzeit gar keinen expliziten Lehrberuf gibt. Jener des Mechatronikers oder des Reparaturtechnikers kommt den Notwendigkeiten noch am nächsten. An einem von der EU-geförderten Projekt, bei dem der Beruf einer "Fachkraft für Elektrogeräte" getestet wird, nimmt das R.U.S.Z als Projektpartner teil. Eisenriegler plädiert aber für eine kürzere "Teillehre". Eine entsprechende Forderung hat er bei der Regierung deponiert. "Da könnten sich auch benachteiligte Jugendliche relativ schnell für einen Beruf qualifizieren." (Johanna Ruzicka, 9.10.2015)