Rom – Die Flüchtlingsbewegungen über das Mittelmeer lassen nach. Dies sei unter anderem darauf zurückzuführen, dass den Schlepperbanden die verfügbaren Schiffe ausgehen, berichtete der italienische Admiral und Kommandant des EU-Einsatzes EUNAVFOR Med (Mission Sophia), Enrico Credendino, am Donnerstag in einer Rede vor dem Parlament in Rom.

Im September sei die Zahl der in Italien eingetroffenen Flüchtlinge gesunken. Dies sei auf den EU-Einsatz gegen die Schlepperbanden über das Mittelmeer zurückzuführen. Dadurch haben sich die Flüchtlingsbewegungen verstärkt auf die Balkanroute verlagert. Die Mittelmeerroute bleibe die gefährlichste für Flüchtlinge, wie die fast 3.000 Todesopfer seit Jahresbeginn bezeugen würden.

Chinesische Schiffe von "schlechtester Qualität"

Die aus Libyen abfahrenden Flüchtlingsbewegungen würden zuletzt verstärkt in Schlauchboote chinesischer Produktion gedrängt. Diese seien von "schlechtester Qualität" und daher gefährlich, berichtete der Admiral. Ein Schlauchboot würde den Schleppern pro Reise circa 70.000 Euro einbringen, ein Holzschiff mit rund 400 Menschen an Bord circa 400.000 Euro. Die Holzschiffe würden außerhalb Libyens, mehrheitlich in Tunesien und in Ägypten, hergestellt. "Es gibt nur mehr wenige davon. Daher versuchen die Schlepper, die zurückzuholen", betonte Credendino.

Die Reise von Libyen nach Italien koste jede Flüchtling an Bord eines Schlauchbootes rund 1.000 Euro, an Bord eines Holzschiffes bis zu 3.500 Euro, da diese sicherer seien. Die Zahl der Menschen, die von den Schleppern an Bord der Boote genommen würden, habe zugenommen. Zählte man bis vor kurzem noch meist rund 80 Menschen an Bord eines Schlauchbootes, so stieg diese Zahl zuletzt auf rund 120 Personen. Die Zahl der Menschen an Bord der sichereren Holzschiffen habe sich unterdessen von 200 auf 400 verdoppelt. "Der Menschenhandel ist sehr rentabel", sagte der Admiral.

3.076 Flüchtlinge gerettet

Seit Beginn der ersten Phase der EUNAVFOR Med vor dreieinhalb Monaten seien 3.076 Menschen gerettet worden. 16 Personen wurden festgenommen. Laut Credendino könnte es Verbindungen zwischen Schlepperbanden und IS-Kämpfern geben. "Indem man die Schlepperei bekämpft, bekämpft man auch den fundamentalistischen Terrorismus", erklärte der Italiener.

Die EU hat seit Mittwoch ihr Vorgehen gegen Schlepper im Mittelmeer verschärft und geht ab sofort mit Kriegsschiffen gegen Schlepperbanden vor. Die zweite Phase der Marinemission "Sophia" erlaubt EU-Kräften, Schiffe im Verdachtsfall anzuhalten, zu durchsuchen und zu beschlagnahmen. (APA, 8.10.2015)