Wolfsburg – Der USA-Chef von Volkswagen, Michael Horn, hat nach eigener Aussage erst wenige Tage vor dem 3. September 2015 erfahren, dass VW-Fahrzeuge in den USA mit einer Software manipuliert wurden. Das sagte der Manager am Donnerstag unter Eid vor Abgeordneten des US-Kongresses in Washington aus.

Von abweichenden Emissionstests habe er dagegen schon im Frühjahr 2014 erfahren. Damals habe er aber keinen Grund zu der Annahme gehabt, dass eine solche Betrugssoftware eingesetzt worden sei. Als durch eine Studie im Frühjahr 2014 bekanntgeworden sei, dass VW-Autos auf der Straße mehr Abgase ausstoßen als bei Tests auf dem Prüfstand, hätten ihm Experten im Konzern zugesagt, den Vorfall zu überprüfen.

Horn sprach von "extrem beunruhigenden Ereignissen". Er habe nie gedacht, dass dergleichen bei VW möglich sei und entschuldigte sich im Namen von VW vor dem Kongress.

Manipulationen auch in Europa

Mittlerweile wurde bekannt, dass offenbar nicht nur in den USA systematisch manipuliert wurde. Laut Recherchen von "Süddeutscher Zeitung", NDR und WDR hat Volkswagen seine Fahrzeuge auch in Europa mit der entsprechenden Software ausgestattet, um die Abgaswerte zu manipulieren. Die "Süddeutsche" spricht von einem "großen Gemeinschaftswerk" und geht davon aus, dass die Manipulation "ziemlich aufwendig" war.

Volkswagen soll zudem für Steuerschäden aufkommen, die wegen der Abgasmanipulationen entstanden sein könnten. Das hat Nordrhein-Westfalens Finanzminister Norbert Walter-Borjans laut "SZ" in einem Brief an Finanzminister Wolfgang Schäuble gefordert. Darin verweise er auf Steuervorteile für Dieselfahrzeuge mit niedrigen Abgaswerten. Wegen der VW-Manipulationen könnten zahlreiche Autos zu gering besteuert worden sein.

Auch EPA-Vertreter bei Kongressanhörung

Bei Horns Anhörung im US-Kongress werden neben Politikern auch Vertreter der US-Umweltschutzbehörde EPA anwesend sein. Die Menschen in den USA wollten wissen, warum Volkswagen Emissionswerte gefälscht und wer die Entscheidung zu verantworten habe, sagte der Vorsitzende des zuständigen Unterausschusses, Tim Murphy.

Strengere Kontrollen

Das deutsche Umweltbundesamt fordert indessen strengere Überprüfungen von Fahrzeugen, die schon unterwegs sind. "Die Kontrolle wurde vernachlässigt", sagte Behördenchefin Maria Krautzberger der "Süddeutschen Zeitung" vom Donnerstag. Nötig sei eine "unabhängige, transparente und gebührenfinanzierte Überwachung der in Betrieb befindlichen Fahrzeuge". Bei Abweichungen müssten die Hersteller mit Strafe zahlen.

Durch die VW-Abgasaffäre sei überdeutlich geworden, dass es nicht genüge, Grenzwerte festzulegen, sagte Krautzberger weiter. Denkbar sei, die Vergabe von Plaketten, etwa für Umweltzonen, künftig von der Einhaltung der Emissionsgrenzwerte im Realbetrieb abhängig zu machen. Bisher richtet sich diese allein nach der Betriebserlaubnis der Fahrzeugtypen, die wiederum vom Kraftfahrt-Bundesamt erteilt wird.

Personalrochade

Am Donnertag wurde bekannt, dass der Entwicklungsvorstand der VW-Tochter Skoda, Frank Welsch, wohl zur Mutter nach Wolfsburg wechseln und die Nachfolge des beurlaubten Entwicklungsvorstands Heinz-Jakob Neußer antreten, berichtete die Zeitschrift "auto motor und sport" unter Berufung auf VW-Kreise. Die Entscheidung sei bereits gefallen. VW war für einen Kommentar zunächst nicht zu erreichen.

Die Entwicklungsvorstände der Marken Audi, Porsche und VW Pkw, Ulrich Hackenberg, Wolfgang Hatz und Heinz-Jakob Neußer, waren nach Bekanntwerden des Skandals suspendiert worden. Die Ermittler gehen der Frage nach, wer damals für welche Entscheidung verantwortlich war. (APA, 8.10.2015)