Wien – Matthias Strolz staunte nicht schlecht. Am Wochenende meldeten sich am Handy des Neos-Chefs Interessenten für die Büroräume der Partei in der Wiener Neustiftgasse.

Ein Unbekannter hatte im Immobilienteil des STANDARD (Ausgabe 3./4. Oktober) ein Inserat geschaltet: "Vormieter gescheitertes Start-up", hieß es darin. Daher sei das 300 Quadratmeter große Büro "per sofort unbefristet verfügbar". Als Ansprechpartner wurde ein Herr Strolz angegeben – mit der echten Handynummer des Neos-Gründers.

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ÖVP-Landesgeschäftsführer Alfred Hoch kommentierte das Inserat noch am Wochenende auf Twitter mit: "Oha Selbstaufgabe?"

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IP-Adresse führt zur ÖVP

DER STANDARD konnte in der Zwischenzeit die IP-Adresse des Auftraggebers ausfindig machen. Sie ist seit Mai 2002 beim Provider Tele 2 auf die ÖVP Wien eingetragen. Eine Rückfrage bei Tele 2 ergab, dass die IP-Adresse noch immer den Landesschwarzen am Rathausplatz 9 gehört.

Strolz zeigte sich auf Anfrage des STANDARD empört: Er erwarte sich von ÖVP-Landesparteichef Manfred Juraczka eine "klare öffentliche Entschuldigung", auch der schwarze Klubobmann im Parlament, Reinhold Lopatka, und ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner sollten aus seiner Sicht klarstellen, dass sie derartige Methoden ablehnen.

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Einmaliger Vorgang

"Es ist meines Wissens ein einmaliger Vorgang in der Zweiten Republik, dass eine Parlamentspartei die private Nummer eines Parteichefs veröffentlicht", sagt Strolz. Er spricht von einer "Grenzüberschreitung", die er auch in der Präsidialsitzung aller Parteien am Freitag im Parlament zur Debatte stellen will. Auch er habe private Nummern von Mitterlehner oder auch Kanzler Werner Faymann, so Strolz. "Aber wenn wir uns auf dieses Niveau begeben, haben wir viel an politischer Kultur verloren."

Rechtliche Schritte erwägt der Neos-Chef nicht. "Da ist mir die Zeit zu schade, das zu Gericht zu bringen." Es gehe um "Anstand", den die Wiener ÖVP im aktuellen Wahlkampf gerne propagiere. "Aber das ist die eklatanteste Verletzung von Anstand, die ich im Wahlkampf gesehen habe."

Freies WLAN für Besucher

Bei der Wiener ÖVP sah man zunächst keinen Grund für eine Entschuldigung. Landesgeschäftsführer Hoch betonte, dass es sich keineswegs um eine offizielle Aktion der Wiener ÖVP gehandelt habe. "Wir machen ja kein Dirty Campaigning." Und: "Im Wahlkampf arbeiten bei uns 70 Mitarbeiter. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es einer von denen war."

Am Donnerstagabend korrigierte Hoch dann dann seine Aussage: "Die Anzeige ist nicht im Auftrag und ohne Wissen der Parteiführung von einem Wahlkampf-Mitarbeiter in Eigenregie gestaltet worden. Die Geschichte war eigentlich nicht bösartig, sondern als Gag zu verstehen, hat uns der Mitarbeiter versichert." Hoch weiter: "Die Veröffentlichung der Privatnummer von Matthias Strolz ist besonders unglücklich gelaufen, und die Parteiführung möchte sich in aller Form bei dem Bundesobmann der Neos dafür entschuldigen."

Auch via Twitter wurde eine Entschuldigung nachgereicht:

(Günther Oswald, 8.10.2015)